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  • Offener Brief an die Pharmazieräte und Entscheidungsträger zum drohenden Vertriebsverbot für Granulate der Chinesischen Medizin in Deutschland

    veröffentlicht: 24.1.2018

    Seit Ende 2016 stehen Granulate der Chinesischen Medizin unter kritischer Betrachtung seitens der Aufsichtsbehörden, was in zunehmendem Maße zum Vertriebsverbot für Apotheken geführt hat. Derzeit droht auch in Berlin der Entzug der behördlichen Genehmigung. Ein deutschlandweites Verbot von TCM-Granulaten steht somit im Raum.

    Nach den gültigen Vorschriften müssen importierte Granulate vom Importeur bzw. von EUanerkannten Instituten auf Identität und Unbedenklichkeit hinsichtlich mikrobiologischer Belastung, Kontamination durch Schwermetalle, Pestizide oder auch Aflatoxine geprüft werden. Entsprechende Zertifikate muss die deutsche Apotheke nachweisen können. Grundsätzlich sind die Apotheken gehalten, noch einmal die Identität zu bestätigen (In-house- Prüfung). Hierfür wurden bisher verschiedene Verfahren eingesetzt, die aber nach den aktuellen Anforderungen nicht mehr ausreichen.

    Die als Alternative in der Diskussion stehende Dünnschichtchromatografie (DC) würde für die Apotheken einen erheblichen Prüfaufwand erfordern, weil je nach Chargengröße für jede Charge eine Mehrzahl von Prüfungen vorgenommen werden müsste, so dass oft tausend und mehr Prüfungen für die vorrätig gehaltenen Granulate anfallen würden, mit entsprechendem Aufwand an Personal, Referenzsubstanzen und Lösungsmitteln und nicht zuletzt einer Belastung für die Umwelt und die Gesundheit der Mitarbeiter. Nach den uns vorliegenden Informationen wird das von den Apotheken als wirtschaftlich nicht umsetzbar angesehen. In der Konsequenz wäre dies das Aus für TCM-Granulate in Deutschland, zumindest zu erschwinglichen Preisen, was unabsehbare Folgen hätte.

    Die führenden Fachverbände für Chinesische Medizin in Deutschland, das Centrum für Therapiesicherheit in der chinesischen Arzneitherapie (CTCA) sowie deutsche TCMApotheken drücken ihre tiefe Besorgnis darüber aus, dass deutschen Patienten TCMGranulate in der bisherigen Qualität nicht mehr zur Verfügung stehen könnten. Granulate haben sich nach unserer Erfahrung in der Praxis bewährt, insbesondere wenn TCM-Dekokte aus Rohdrogen in bestimmten Alltagssituationen nicht einsetzbar sind. Für nicht wenige Patienten würde der Ausfall der Granulate die Versorgung mit einer Medizin gefährden, die ihnen bei der Bewältigung ihrer Krankheit eine große Hilfe ist. Ein Review unter Einschluss von 56 klinischen Studien (1) fand keinen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Rohdrogen und Granulaten der Chinesischen Medizin. Aussagefähige Placebo-kontrollierte Studien zur Chinesischen Arzneitherapie wurden in der Regel mit Granulaten durchgeführt. In Japan und Taiwan werden TCM- bzw. Kampo-Granulate, nicht aber Rohdrogen, von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet.

    Über das Notwendige hinausgehende Qualitätsanforderungen dienen nicht der Patientensicherheit, sondern bewirken eher das Gegenteil: Bei einem Verbot der Granulate in Deutschland werden diese zweifellos aus anderen EU-Ländern oder intransparenten Quellen über das Internet bezogen werden, die unter dem Label Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden und Sicherheitsstandards, die Granulate aus Deutschland bislang bieten, in der Regel nicht erfüllen. Ernste Gesundheitsgefährdungen sind nicht auszuschließen, z.B. sind Fälle von Nierenschäden unter Aristolochia-Drogen auch nach deren Verbot im europäischen Ausland bekannt geworden. Dem Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA) sind jedoch keine Gesundheitsgefahren bekannt geworden, die durch fehlerhafte Nachprüfung der Identität durch deutsche Apotheken aufgetreten wären.

    Die Prüfanforderungen seitens der Pharmazieräte sind aus unserer Sicht zum Teil sinnvoll und begrüßenswert, zum Teil über das Ziel hinausgehend. Nachdem Granulate vom Lieferanten, d.h. in der Regel vom Importeur, bereits auf Identität und Qualität geprüft wurden, kann es nur noch darum gehen, in der Apotheke Verwechslungen auszuschließen. Unserer Meinung nach sollten dringend Lösungen gesucht werden, die diesem Ziel dienen und wirtschaftlich vertretbar sind. Offensichtlich ist Deutschland das einzige Land, in dem Anforderungen dieser Art an die Identitätsfeststellung von Granulaten in der Apotheke gestellt werden. In vielen europäischen Ländern werden Granulate zum großen Teil gar nicht über Apotheken an den Verbraucher abgegeben. Wir sollten die ungleich sichereren deutschen Vertriebswege für unsere Patienten erhalten.

    Die Unterzeichner dieses Aufrufs rufen die Entscheidungsträger eindringlich zu einem Umgang mit Augenmaß bezüglich der bestehenden Thematik auf. Sie beziehen sich ausdrücklich und primär auf das Wohl der Patienten, die damit verbundene Patientensicherheit und die Freiheit der Patienten in der Therapiewahl. Auch in ihrem Namen fordern die Unterzeichner die Entscheidungsträger und die Apotheken auf, sich möglichst bald auf ein praktikables Vorgehen zu einigen. Insbesondere sollten im Rahmen der Diskussion und Umsetzung von Prüfverfahren verstärkt Experten der Chinesischen Arzneitherapie sowie TCM-kundige Apotheker angehört und eingebunden werden.

    Arbeitsgemeinschaft für klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V. (AGTCM)

    Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie e.V. (CTCA)

    Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. (DÄGfA)

    Gesellschaft für die Dokumentation von Erfahrungsmaterial der Chinesischen Arzneitherapie (DECA)

    Jing Fang Institut Deutschland

    Societas Medicinae Sinensis – Internationale Gesellschaft für Chinesische Medizin e.V. (SMS) 

    (1) Luo H, Li Q, Flower A, Lewith G, Liu J. Comparison of effectiveness and safety between granules and decoction of Chinese herbal medicine: A systematic review of randomized clinical trials. J Ethnopharmacol 2012; 140:555-567

    Datei zum downloaden

  • Information und Stellungnahme des CTCA zu Liefereinschränkungen bei chinesischen Granulaten in Deutschland

    veröffentlicht: April 2017

    In letzter Zeit mussten verschiedene Apotheken, insbesondere in Bayern, den Vertrieb chinesischer Granulate einstellen. Hintergrund sind neue Anforderungen der Pharmazieräte an den Vertrieb von Granulaten, die in den verschiedenen Bundesländern jedoch unterschiedlich gehandhabt werden. Bei wortgetreuer Umsetzung der Anforderungen sind die Hürden so beschaffen, dass sich die betroffe­nen Apotheken nicht mehr in der Lage sehen, diese unter realistischen Bedingungen zu nehmen und den Vertrieb einstellen.

    Besonders die laut Apothekenbetriebs­ordnung von den Apotheken vorzu­neh­­­mende Identitätsfeststellung eingesetzter Rezepturbestand­teile spielt eine tragende Rolle.

    In § 11 der Verordnung heißt es:
    „Werden Ausgangsstoffe bezogen, deren Qualität durch ein Prüfzertifikat nach § 6 Abs. 3 nachge­wiesen ist, ist in der Apotheke mindestens die Identität festzustellen.“

    Die Apotheken sind danach gehalten, zusätzlich zur Identitätsfeststellung und anderen Qualitäts­prüfungen durch externe Institute selbst die Identität in der Apotheke noch einmal zu bestätigen. Während es für Rohdrogen häufig machbar ist, dieses mittels Sicht-, Geschmacks- und mikrosko­pischer Prüfung zumindest mit dem Ziel Ausschluss von Verwechslungen durchzuführen, ist das bei Granulaten nicht so einfach möglich. Bisher wurde von vielen Apotheken das Nahinfrarot­spektro­skopie-Verfahren eingesetzt. Dieses liefert jedoch nach Auskunft von Fachleuten keine zuverlässigen Ergebnisse. Auf einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte in Deutschland wurde dieses unterstrichen und eine Reihe von weiter reichenden Anforderungen an Granulate formuliert. Danach sollen für Granulate u.a. das Herstellungsverfahren, das Droge-Extrakt-Verhältnis, Hilfsstoffe und Zusätze, die Art der Granulatherstellung, ob Lochscheiben-, Wirbelschicht- oder Sprühgranu­lierung angewandt wurde, und Gehaltsbestimmungen angegeben werden.

    Als Organisation primär von Therapeuten können wir zu rein pharmazeutischen Fragestellungen wie geeigneten Verfahren zur Identitätsfeststellung nicht kompetent Stellung nehmen. Dennoch möchten wir allgemein gehaltene Feststellungen dazu treffen.

    Nach den gültigen Vorschriften müssen Granulate vom Importeuer bzw. beauftragten EU-anerkannten Instituten auf Identität sowie Unbedenklichkeit hinsichtlich mikrobiologischer Belastung, Kontaminationen durch Schwermetelle, Pestizide, ggfs. auch Aflatoxine geprüft werden. Die Apotheke hat dieses durch Vorhalten entsprechender Zertifikate nachzuweisen. Wenn von der Apotheke ein weiterer Nachweis der Identität gefordert wird, kann es nur um den Ausschluss von Verwechslungen durch Falschetikettierung gehen. Diese Fehlermöglichkeit ist durch automatisierte Herstellungs- und Kontrollprozesse und die Identitätsprüfung seitens des Importeurs relativ unwahrscheinlich. Um ein Restrisiko zu beherrschen, sollte sich das Verfahren in der Apotheke dem Ziel unterordnen, den Ausschluss von Verwechslungen sicherzustellen. Im CTCA haben wir keine Meldungen oder Kenntnis von Vorfällen erhalten, wo durch falsche Identitätsbestimmungen chinesischer Arzneidrogen in der Apotheke Personen geschädigt worden wären. Auch bei korrekter Identität sind allerdings Fehler bei der Zusammenstellung von Rezepturen möglich, denen durch andere Vorkehrungen zu begegnen ist.

    Weitergehende Anforderungen, wie sie die Pharmazieräte formuliert haben, halten wir teilweise für sinnvoll, andere für überstrapaziert. Qualitätsanforderungen sollten der Sicherheit dienen, aber den Zugang der europäischen Bürger zu Heilmitteln, die ihrer Gesundheit dienen, nicht unange­messen behindern. In der Art der Granulatherstellung, ob durch Lochscheiben-, Wirbelschicht- oder Sprüh­granulierung, können wir keine sicherheitsrelevanten Aspekte oder sonstige zwingend notwendige Erfordernisse erkennen. Wir wären sehr überrascht, wenn dafür eine Evidenz demonstriert werden könnte.

    Gehaltsbestimmungen sind aus unserer Sicht für den therapeutischen Zweck wenig hilfreich, da die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe häufig nicht bekannt sind, was auch für zugelassene und unumstrittene Phytotherapeutika wie z.B. Johanniskraut gilt. Nach geltender Auffassung ist der gesamte Extrakt mit allen darin enthaltenen Bestandteilen als Wirkstoff anzusehen. Die Inhaltsstoffe chinesischer Arzneidrogen sind gut erforscht und in Zehntausenden von Publikationen dokumentiert. Sie weisen natürlicherweise je nach Anbaubedingungen eine Schwankungsbreite auf, mit der sie auch traditionell angewendet wurden. Meist haben sie eine große therapeutische Breite. Anders verhält es sich bei Arzneidrogen mit toxischen Potenzial. Hier sind Gehaltsbestimmungen der toxischen Inhaltstoffe in bestimmten Fällen erforderlich, aber unseres Wissens auch üblich, so z.B. der Diester-Diterpenakaloide bei den Aconitum-Drogen.

    Überstrapazierte Qualitätsanforderungen an Granulate dienen nicht der Sicherheit, sondern bewirken letztlich das Gegenteil. Anfragen an das CTCA zeugen davon, dass sich schon jetzt manche Therapeuten nach Bezugs­alternativen aus dem Ausland umsehen aus EU-Ländern, die weniger strenge Arzneimittelauflagen haben und weitgehend auf Kontrollen verzichten, oder gar aus Drittländern über das Internet. Wir warnen seit Jahren vor dem Bezug aus diesen oft preisgünstigen Quellen und versuchen darüber aufzuklären, dass dieser durch Qualitätsrisiken erkauft wird. Eine Einschränkung oder gar ein faktisches Verbot der Bezugsmöglichkeiten für Granulate in Deutschland würde das gemeinsame Anliegen einer Arzneimittelsicherheit ernsthaft gefährden.

  • Aristolochia: „Bösartige Lüge“ oder bittere Wahrheit?

    veröffentlicht: 13.01.2017

    Die Aristolochia-Story findet so leicht kein Ende. Eigentlich sollte sie der Vergangenheit angehören, weil Arzneidrogen, die Aristolochiasäure enthalten, in vielen Ländern der Welt verboten sind. Das gilt auch für China und Taiwan. Dennoch kursieren in der TCM-Welt vereinzelt noch falsche Vorstellungen bzw. mangelnde Informationen über das Problem.
    Eine Stellungnahme zum Artikel von Chris Dhaenens 2013, verfasst von Axel Wiebrecht, Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA), erschienen in der „Naturheilpraxis“.

    Vorbemerkung

    Die Aristolochia-Story findet so leicht kein Ende. Eigentlich sollte sie der Vergangenheit angehören, weil Arzneidrogen, die Aristolochiasäure enthalten, in vielen Ländern der Welt verboten sind. Das gilt auch für China und Taiwan. Dennoch kursieren in der TCM-Welt vereinzelt noch falsche Vorstellungen bzw. mangelnde Informationen über das Problem. Der Belgier Chris Dhaenens veröffentlichte im Jahre 2013 einen Artikel über das Thema im englischen „Journal of the Register of Chinese Herbal Medicine“ [1]. Aufhänger war, dass Kritiker der Phytotherapie uns diese Geschichte immer wieder vorhalten, so in einem Artikel im Lancet Oncology, wo wegen eines aufgetretenen Leberschadens unter Arsenoxid(!) ohne inhaltlichen Zusammenhang auf die Aristolochia-Story verwiesen wurde. So sehr die Kritik an derartigen Links berechtigt ist, so sehr muss die Problemverharmlosung von Chris Dhaenens kritisiert werden. Da der Artikel kürzlich in der Zeitschrift „Naturheilpraxis“ auf Deutsch nach­gedruckt wurde, sieht sich das CTCA zu einer Stellungnahme veranlasst. Die TCM-Welt muss in dieser Frage, auf die es eine sehr eindeutige Antwort gibt, klar Stellung beziehen, sonst kann man ihr mit Recht mangelndes Realitätsbewusstsein in Sicherheitsfragen vorwerfen. Da uns die „Naturheilpraxis“ für unsere Stellungnahme nur beschränkten Raum zur Verfügung stellen wollte, musste für diese Zeitschrift eine stark gekürzte Fassung einge­reicht werden. Hier finden Sie den vollständigen Text.

    Ist die mit Aristolochia in Verbindung gebrachte Nierenerkrankung „kaum Aristolochia zuzuschreiben“ und sind die „kanzerogenen  Eigenschaften von Aristolochiasäure nur bei Nagetieren festgestellt“? Andererseits heißt es, dass „niemand mit gesundem Menschen­­verstand auf die Idee käme, das Verbot von Aristolochia in Frage zu stellen.“ Wie passt das zusammen? Die Aussagen des Artikels von Chris Dhaenens in der Naturheilpraxis 12/2016[2] zeugen von einer erstaunlichen Unkenntnis und unverantwortlichen Verharm­losung des Problems. Im Folgenden soll versucht werden, auf die Argumente des Autors einzugehen und darzulegen, dass kaum ein anderes Phänomen in der Medizin so eindeutig nach­gewiesen ist wie die Nierenschädlichkeit und Kanzerogenität von Aristolochiasäure, die in verschiedenen Pflanzen der Gattung Aristolochia in relativ hohen Konzentrationen vorkommt.

    Die Belgische Schlankheitsklinik

    In den 1990‘er Jahren wurde in einer belgischen Schlankheitsklinik ein abenteuerlicher Cocktail von Appetithemmern und anderen chemischen Mitteln zusammen mit chinesischen Arzneidrogen verabreicht. Als dann statt des verschriebenen Stephaniae tetrandrae Radix (han fang ji) eine andere Droge der chinesischen Materia Medica, nämlich Aristolochiae fangchi Radix (guang fang ji) ausgeliefert wurde, kam es in über 100 Fällen zu Nieren­schäden, die auch nach Absetzen des Mittels meist progredient waren und in etwa 70 Prozent der Fälle zu terminalem Nierenversagen führten, mit erforderlich werdender Dialyse oder Nierentransplantation[3]. Die Aristolochia-Nephropathie (AN) stellt sich als eine eigene Krankheitsentität dar mit dem charakteristischen histologischen Bild einer interstitiellen Fibrose und Tubulusatrophie. 

    Ein Serotonin-Problem?

    Chris Dhaenens führt an, dass ja Tausende von Frauen mit Aristolochia behandelt worden seien, bei denen die Nierenschädigung nicht aufgetreten sei. Er übersieht dabei, dass die Empfindlichkeit für toxische Reaktionen generell zwischen Individuen sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Dieses Phänomen kennt man z.B. auch von Novalgin, unter dem es nur bei sehr wenigen Anwendern zur gefürchteten Agranulozytose kommt. Ferner spielt natürlich auch die Dosis eine Rolle, im Fall von Aristolochia die kumulative Dosis (s. unten).

    Chris Dhaenens schreibt nun dem Serotonin, das in dem Medikamentencocktail der Schlank­heitsklinik enthalten war, die Rolle des Hauptauslösers zu und beruft sich dabei auf ein Editorial von de Broe[4]. Dieser hatte jedoch nur geschrieben, dass die gefäßverengende Wirkung des Serotonins den nephrotoxischen Effekt der Aristolochiasäure, den er nicht in Frage stellt, „beschleunigt oder potenziert“ haben könnte. Als Grund für die Tatsache, dass nur ein Teil der exponierten Personen eine Nephropathie oder Urothelialkrebs entwickelte, vermutet er eine genetische Prädisposition. Schon vor Jahren hat eine Dosisbetrachtung der belgischen Fälle nahegelegt, dass der chemische Cocktail anscheinend eine beschleunigen­de Funktion ausgeübt hat[5]. Es ist aber müßig, das Vorgehen der belgischen Schlankheits­klinik zu kritisieren, ganz ohne Frage ist deren Therapie medizinisch völlig inakzeptabel und unverantwortlich. Ihr „Verdienst“ war es, dass durch das geballte Auftreten von Nieren­schäden die Nephrotoxizität von Aristolochia überhaupt erst zu Bewusstsein kam.

    Man muss die belgischen Fälle mit dem möglichen Serotonin-Phänomen gar nicht weiter bemühen. Es gibt genügend Fälle von AN, die ohne Serotonin-Einfluss zustande kamen. Seit den 1950’er Jahren hatte es schon mehrfache Hinweise auf eine Nephrotoxizität von Aristolochiasäure gegeben, meist aus Tierversuchen[5]. In Folge der belgischen Ereignisse wurden dann weltweit viele Fälle von Nierenschäden mit dem typischen Bild der AN aufgedeckt, die meist unter Anwendung chinesischer Rezepturen, die Aristolochia manshuriensis Caulis (guan mu tong) oder Aristolochiae fangchi Radix (guang fang ji) enthielten, aufgetreten waren. Die Veröffentlichungen stammten aus Großbritannien, Frankreich, Taiwan, Japan, China, Hongkong, Korea, Australien, USA und Deutschland[6], ein Fall auch aus Spanien, der auf eine westliche Spezies, Aristolochia pistolochia, zurück­ging[7]. Sie haben zum Verbot von Aristolochia in vielen Ländern geführt, darunter auch in China und Taiwan.

    Nachdem man in China von der Aristolochia-Nephrotoxizität Kenntnis erlangt hatte, begannen die Nephrologen damit, bei Patienten mit chronischen Nieren­erkrankungen routinemäßig die Medikamentenanamnese zu erheben, insbesondere bei einer Nephropathie vom tubulointerstitiellen Typ mit zunächst unbekannter Ursache. Im Laufe der Jahre fanden sich Tausende von Patienten mit AN[8]! Diese Tatsachen werden von Chris Dhaenens völlig ausgeblendet.

     Verlauf der Aristolochia-Nephropathie

    Eine unverantwortliche Verharmlosung und Verleugnung der Realität ist es, wenn Chris Dhaenens schreibt, die Toxizität der Aristolochiapflanze sei „akut und reversibel“. Ein solcher Verlauf ist die Ausnahme, in der Regel trifft das Gegenteil zu. Unter 58 Fällen von AN aus der Abteilung eines Krankenhauses in Beijing hatten 4 Patienten eine akute Verlaufsform, 7 eine sogenannte tubuläre Dysfunktion und 47 einen chronisch-progressiven Verlauf[9]. Bei den meisten Patienten, bei denen eine AN diagnostiziert wird, schreitet die Krankheit trotz Absetzen der Aristolochia-Medikation relativ schnell voran, in einer belgischen Zusammen­stellung bei 83 Prozent innerhalb von zwei Jahren bis zum Nierenversagen[6].

    Unter 300 Fällen, die in der Abteilung eines weiteren Krankenhauses in Beijing innerhalb von 10 Jahren zusammen kamen, wiesen 13 Patienten innerhalb von 3 Monaten nach Absetzen der Aristolochia-Medikation einen akuten Verlauf auf, 10 eine tubuläre Dysfunktion und 280 Patienten einen chronischen Verlauf. Bei den akuten Verläufen kam es nur in einem Fall zur Rückbildung, in 5 Fällen zum Fortschreiten bis zur terminalen Niereninsuffizienz. Unter den chronischen Fällen zeigten 20 Prozent eine teilweise Rückbildung, bei den übrigen war die Niereninsuffizienz progredient, bei 44 Prozent recht schnell mit einer Verminderung der glomerulären Filtrationsrate um mehr als 4ml/min pro Jahr. Die meisten Patienten hatten Aristolochiae manshuriensis Caulis (guan mu tong) eingenommen, es folgten in der Häufigkeit Aristolochiae Radix (qing mu xiang), Aristolochiae fangchi Radix (guang fang ji), Aristolochiae debilis Caulis (tian xian teng) und Aristolochiae molissimae Herba (xun gu feng). Die Gehalte an Aristolochiasäure waren mit HPLC bestimmt worden, die kumulative Dosis korrelierte in den chronischen Fällen mit der Schnelligkeit der Progression[8].

     Kanzerogenität von Aristolochia

    Die Aussage, dass „karzinogene Eigenschaften von Aristolochiasäure nur bei Nagern festgestellt“ wurden, ist eine weitere unglaubliche Verkennung der Tatsachen. Erkenntnisse aus Tierversuchen waren nur der Ausgangspunkt. 1981 wurden Aristolochiasäure-haltige Arzneimittel durch das damalige Bundesgesundheitsamt in Deutschland verboten, nachdem sich Aristolochiasäure bei Ratten als ausgesprochen kanzerogen erwiesen hatte[10].

    In den belgischen Fällen zeigte sich, dass über 40 Prozent der Patientinnen mit AN Tumore entwickelten, und zwar urotheliale Karzinome der oberen Harnwege, aber auch Nierenzell- und Blasenkarzinome[11-14]. Eine aktuelle Studie spricht von zwingender Evidenz für eine Beteiligung der Aristolochiasäure auch bei einem beträchtlichen Anteil von Nierenzell­karzinomen in Taiwan[15].

    Die Eigenschaft eines Stoffes, Addukte an die DNA zu bilden, gilt als starker Hinweis auf eine kanzerogene Potenz. Eine Heidelberger Forschergruppe konnte wiederholt in Gewebs­proben bei verschiedenen Gruppen von Krebspatienten, die mit Aristolochia-Drogen behandelt worden waren, DNA-Addukte von Aristolochiasäure bzw. dessen Metabolit Aristolactam feststellen. Chris Dhaenens argumentiert, dass deren Ergebnisse von einer anderen Forscherin in Frage gestellt wurden[16]. DNA-Addukte wurden jedoch auch von anderen unabhängigen Untersuchern in einer Vielzahl von Krebsfällen, die mit  Aristolochia­säure in Zusammenhang stehen, nachgewiesen, so in den USA, Kroatien und Taiwan[15,17,18]. Im Tierversuch konnten DNA-Addukte nach Aristolochiasäure-Verabreichung reproduziert werden[19]. Es konnte sogar gezeigt werden, dass häufig im Tumorgewebe an einer ganz bestimmten Stelle eines Gens eine Mutation ausgelöst wurde, die für Aristolochiasäure charakteristisch ist, und zwar des Tumorsuppressor-Gens TP53[17,20]. Dadurch wird das Gen inaktiviert und die Krebsentstehung gefördert.

    Epidemiologische Untersuchungen in Taiwan

    In Taiwan hatte bis zu einem Drittel der Bevölkerung zwischen 1997 und 2003 potenziell Aristolochiasäure-haltige Arzneien eingenommen[21], gleichzeitig hat Taiwan die weltweit höchste Inzidenz an terminalem Nierenversagen[22]. Eine Untersuchung an 199.843 Patienten zeigte, dass nach Herausrechnung sonstiger Einflussfaktoren bei Aufnahme von mehr als 30g mu tong* oder mehr als 60g guang fang ji das Risiko für eine chronische Nierenerkrankung signifikant anstieg[23]. Die Aufnahme von mehr als 60g mu tong* oder 150mg Aristolochiasäure war mit einem erhöhten Risiko für Karzinome des Harntrakts assoziiert, das mit zunehmender Dosis weiter linear anstieg[24].

    Eine weitere Studie aus Taiwan zeigte, dass bei Patienten mit terminalem Nierenversagen das Risiko, ein urothelia­les Karzinom zu entwickeln, erhöht war, wenn sie mu tong* entsprechend einer geschätzten Menge von mehr als 100mg Aristolochiasäure eingenommen hatten[25]. Es ist selten in der Medizin, dass man so klare Belege für die kanzerogene Wirkung eines Stoffes hat, ohne darauf angewiesen zu sein, aus Tierversuchen auf die Wirkung beim Menschen zu schließen.

     Fazit

    Sicherlich ist es ärgerlich, dass uns das Aristolochia-Problem, das in Europa lange zurückliegt, immer wieder bei jeder unpassenden Gelegenheit vorgehalten wird. Verharm­losende Artikel wie der von Chris Dhaenens tragen leider dazu bei, dass Gegner der Chinesischen Medizin daraus eine Berechtigung ableiten können. Die Aristolochia-Tragödie ist bzw. war ein Desaster für die Chinesische Medizin, bildet aber in dieser Hinsicht eine klare Ausnahme. Die Chinesische Arzneitherapie, fachkundig ausgeübt unter Anwendung qualitätsgerechter Arzneidrogen, ist eine sichere Therapie. So zeigte sich, dass Patienten mit chronischer Nierenerkrankung in Taiwan, die mit Chinesischer Arzneitherapie ohne Aristolochia-Drogen behandelt worden waren, eine geringere Mortalität aufwiesen als ohne eine solche Therapie[26].

    Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA), Berlin
    Axel Wiebrecht, 1. Vorsitzender
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    *Für „mu tong“ wurde zu der Zeit in Taiwan zu 84% guan mu tong, d.h. Aristolochiae manshuriensis Caulis eingesetzt[23,24]. Heute ist für „mu tong“ allein Aristolochiasäure-freies Akebiae Caulis offizinell.

    Literatur:

    1. Dhaenens C. Aristolochia: The malignant lie and the benign truth. J Register Chin Herbal Med 2013;10:39-41

    2. Dhaenens C. Aristolochia - die bösartige Lüge und die gutartige Wahrheit. Naturheilpraxis 2016;69:65-68

    3. Debelle FD, Vanherweghem JL and Nortier JL. Aristolochic acid nephropathy: a worldwide problem. Kidney Int 2008;74:158-69

    4. De Broe ME. On a nephrotoxic and carcinogenic slimming regimen. Am J Kidney Dis 1999;33:1171-3

    5. Wiebrecht A. Über die Aristolochia-Nephropathie. Dt Zschr Akupunktur 2000;43:187-97

    6. Gökmen MR, Cosyns JP, Arlt VM, et al. The epidemiology, diagnosis, and management of aristolochic acid nephropathy: a narrative review. Ann Intern Med 2013;158:469-77

    7. Pena JM, Borras M, Ramos J and Montoliu J. Rapidly progressive interstitial renal fibrosis due to a chronic intake of a herb (Aristolochia pistolochia) infusion. Nephrol Dial Transplant 1996;11:1359-60

    8. Yang L, Su T, Li XM, et al. Aristolochic acid nephropathy: variation in presentation and prognosis. Nephrol Dial Transplant 2012;27:292-8

    9. Chen W, Chen Y and Li A. [The clinical and pathological manifestations of aristolochic acid nephropathy--the report of 58 cases] (Chinese). Zhonghua Yi Xue Za Zhi 2001;81:1101-5

    10. Hagemann U, Grase R, Thiele A, et al. Probleme der Arzneimittelsicherheit: Aristolochiasäure. Münchner Med Wschr 1982;124:611-2

    11. Cosyns JP, Jadoul M, Squifflet J-P, et al. Urothelial lesions in Chinese-herb nephropathy. Am J Kidney Dis 1999;33:1011-7

    12. Nortier JL, Martinez M-CM, Schmeiser HH, et al. Urothelial carcinoma associated with the use of a Chinese herb (Aristolochia fangchi). New Engl J Med 2000;342:1686-92

    13. Zlotta AR, Roumeguere T, Kuk C, et al. Select screening in a specific high-risk population of patients suggests a stage migration toward detection of non-muscle-invasive bladder cancer. Eur Urol 2011;59:1026-31

    14. Lemy A, Wissing KM, Rorive S, et al. Late onset of bladder urothelial carcinoma after kidney transplantation for end-stage aristolochic acid nephropathy: a case series with 15-year follow-up. Am J Kidney Dis 2008;51:471-7

    15. Hoang ML, Chen CH, Chen PC, et al. Aristolochic acid in the etiology of renal cell carcinoma. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2016;25:1600-08

    16. Pfohl-Leszkowicz A. Ochratoxin A and aristolochic acid involvement in nephropathies and associated urothelial tract tumours. Arh Hig Rada Toksikol 2009;60:465-83

    17. Chen CH, Dickman KG, Moriya M, et al. Aristolochic acid-associated urothelial cancer in Taiwan. Proc Natl Acad Sci U S A 2012;109:8241-46

    18. Jelakovic B, Karanovic S, Vukovic-Lela I, et al. Aristolactam-DNA adducts are a biomarker of environmental exposure to aristolochic acid. Kidney Int 2012;81:559-67

    19. Dong H, Suzuki N, Torres MC, et al. Quantitative determination of aristolochic acid-derived DNA adducts in rats using 32P-postlabeling/polyacrylamide gel electrophoresis analysis. Drug Metab Dispos 2006;34:1122-7

    20. Chen CH, Dickman KG, Huang CY, et al. Aristolochic acid-induced upper tract urothelial carcinoma in Taiwan: clinical characteristics and outcomes. Int J Cancer 2013;133:14-20

    21. Hsieh SC, Lin IH, Tseng WL, et al. Prescription profile of potentially aristolochic acid containing Chinese herbal products: an analysis of National Heath Insurance data in Taiwan between 1997 and 2003. BioMed Central 2008;3:1-6

    22. Guh JY, Chen HC, Tsai JF and Chuang LY. Herbal therapy is associated with the risk of CKD in adults not using analgesics in Taiwan. Am J Kidney Dis 2007;49:626-33

    23. Lai MN, Lai JN, Chen PC, et al. Increased risks of chronic kidney disease associated with prescribed Chinese herbal products suspected to contain aristolochic acid. Nephrology 2009;14:227-34

    24. Lai MN, Wang SM, Chen PC, et al. Population-based case-control study of Chinese herbal products containing aristolochic acid and urinary tract cancer risk. J Natl Cancer Inst 2010;102:179-86

    25. Wang SM, Lai MN, Wei A, et al. Increased risk of urinary tract cancer in ESRD patients associated with usage of Chinese herbal products suspected of containing aristolochic acid. PLoS One 2014;9:e105218

    26. Hsieh CF, Huang SL, Chen CL, et al. Non-aristolochic acid prescribed Chinese herbal medicines and the risk of mortality in patients with chronic kidney disease: results from a population-based follow-up study. BMJ Open 2014;4:e004033

  • Stellungnahme zur Greenpeace-Studie „Chinesische Heilkräuter in Deutschland mit Pestiziden belastet“

    veröffentlicht: 10.07.2013

    Greenpeace veröffentlichte kürzlich eine Studie zur Qualität chinesischer Arzneidrogen. Das Resultat: „In Deutschland hat Greenpeace 38 unterschiedliche Pestizide in gerade mal fünf Proben gefunden. In 23 Fällen lagen die gefundenen Rückstände über der gesetzlichen Höchstmenge.“ Sind die gefundenen Werte für in Deutschland vertriebene chinesische Arzneidrogen repräsentativ? Nein, denn keine der Proben wurde in einer Apotheke gekauft. Alle Proben wurden in Lebensmittelläden (Asiashops) gekauft und stammen vom selben Grosshändler.

    Greenpeace veröffentlichte kürzlich eine Studie zur Qualität chinesischer Arzneidrogen. Diese beinhaltete eine Untersuchung auf Pestizidrückstände von 7 verschiedenen Drogen, von welchen Proben aus verschiedenen westlichen Ländern getestet wurden. Für Deutschland wurden 5 Proben untersucht. Das Resultat: „In Deutschland hat Greenpeace 38 unterschiedliche Pestizide in gerade mal fünf Proben gefunden. In 23 Fällen lagen die gefundenen Rückstände über der gesetzlichen Höchstmenge.“

    Die Studie sorgte für einige Irritationen unter TCM-Therapeuten und in der Öffentlichkeit.

    Sind die gefundenen Werte für in Deutschland vertriebene chinesische Arzneidrogen repräsentativ?

    Lydia Buhn, die als PTA in der TCM-Abteilung der Friedrichstadt-Apotheke in Berlin arbeitet, hat die Details der Greenpeacestudie für Deutschland dankenswerterweise recherchiert (link zum greenpeace artikel siehe ganz unten). Danach stammten die 5 Proben aus Deutschland sämtlich von der Firma Three Coconut Tree. „Three Coconut Tree ist in Deutschland und Europa gemeldet. Die Anmeldung bzw. Registrierung finden Sie hier: Handelsregister tmdb.de . Eingetragen ist die Firma als ein Tochterunternehmen der AsRopa Food GmbH, einem Lebensmittelhandel. Außerdem sieht man bei tmdb.de, dass die Three Coconut Tree für viele Produktarten eintragen ist, nicht jedoch für pharmazeutische Produkte. Die Firma vertreibt hauptsächlich Lebensmittel über China-Supermärkte in Deutschland und Europa, sowie bei amazon.de oder indomarkt.de.“ 

    Wir stellen damit fest: Die Firma Three Coconut Tree ist eine Firma aus dem Lebensmittelhandelbereich, die natürliche Produkte vertreibt, die unter dem Label Lebensmittel laufen. Bei den getesteten Produkten handelt es sich um folgende: Gojibeeren, chinesische Datteln, Lonicera (Pflanzenteil nicht genannt, vermutlich Blüten), Bulbus Lili und Chrysanthemum (Pflanzenteil nicht genannt, vermutlich Blüten). Diese Produkte können sowohl als Arzneimittel wie auch als Lebensmittel Verwendung finden. Falls sie mit der Zweckbestimmung zur Heilung oder Linderung von Krankheiten vertrieben werden, handelt es sich um Arzneimittel, die, wenn sie mit verkehrsüblichen deutschen Namen vertrieben werden, unter die Ausnahme­regelung von der Apothekenpflicht fallen könnten. Im Internet ist die Firma Three Coconut Tree derzeit aber nur mit reinen Lebensmitteln, wie Reis oder Zitronenblättern zu finden. Ob die potenziell auch als Arzneimittel Verwendung findenden Pflanzenprodukte nach Erscheinen der Greenpeace-Studie evt. gelöscht wurden, kann nicht mehr nachvollzogen werden. In jedem Fall kann man sagen:

    Resümee

    Die Produkte der Firma Three Coconut Tree haben mit der Praxis der Chinesischen Arzneitherapie in Deutschland so gut wie nichts gemeinsam. Kaum ein deutscher TCM-Therapeut dürfte diese Firma kennen, geschweige denn seinen Patienten empfehlen. Warum Greenpeace ausgerechnet und allein Produkte von dieser Firma für den Test auswählte, ist nicht nachvollziehbar.

    Soweit Naturprodukte für Heilzwecke eingesetzt werden, sind sie nach der Gesetzeslage Arzneimittel, die ganz überwiegend unter die Apothekenpflicht fallen. Ein Vertreib von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken ist in Deutschland (bis auf wenige Ausnahmen) illegal. Die Apotheken sind staatlich verpflichtet, für jede von ihnen vertriebene Charge, soweit es sich nicht um Fertigarzneimittel handelt, Zertifikate von anerkannten europäischen Laboren vorzuhalten, die die Unbedenklichkeit hinsichtlich Pestizidrückständen, Schwermetallgehalte und (für bestimmte Produkte) der Aflatoxinbelastung belegen. Zusätzlich muss die Identität geprüft werden. Das Einhalten dieser Verpflichtungen wird von den Behörden überprüft.

    Seriöse Therapeuten und Gesellschaften für Chinesische Medizin empfehlen seit jeher den Bezug von Rohdrogen und Granulaten ausschließlich über spezialisierte Apotheken.

    Die letzten veröffentlichten Überprüfungen von Pestizidrückständen in chinesischen Arzneidrogen für Deutschland, die uns bekannt sind, liegen schon länger zurück und stammen vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker in Eschborn [1,2]. Dabei fand sich eine einzige mäßige Überschreitung eines Pestizidgrenzwertes. Allerdings fielen in einigen Fällen überhöhte Schwermetallgehalte auf. Es ist davon auszugehen, dass sich die Qualität der Drogen inzwischen im Zuge wachsender Sensibilitäten von verschiedenen Seiten eher verbessert als verschlechtert hat. Nach unserer Einschätzung kann man sich in aller Regel auf die Qualität spezialisierter deutscher Apotheken verlassen. Da es aber auch schwarze Schafe geben kann, ist die Wahl der Apotheke Vertrauenssache. Im Zweifelsfall sollte man sich die Zertifikate bestellter Ware zeigen lassen. Bei auffallend niedrigen Preisen ist Skepsis angebracht. Wer chinesische Arzneidrogen oder Granulate außerhalb von deutschen Apotheken* bestellt, geht ein erhebliches Sicherheitsrisiko ein, von dessen Ausmaß die Greenpeacestudie einen Eindruck vermittelt.

    Quellen:

    [1] Ihrig M, Ali SL. Qualität von Drogen der Traditionellen Chinesischen Medizin (2001).

    Pharm Ztg 146(43): 416-22

    [2] Ihrig M et al.. Qualitätsmängel bei TCM-Drogen (2004). Pharm Ztg 149: 3776-84

    *In der Schweiz gibt es auch staatlich lizenzierte Lieferanten, von denen auch aus Deutschland bestellt wird, die den gleichen Qualitätsnormen unterliegen wie deutsche Apotheken.

    Gezeichnet:

    Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA),

    Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA),

    Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für TCM (DWGTCM),

    Societas Medicinae Sinensis (SMS)

    Link zum Greenpeace Artikel:

    http://www.greenpeace.de/themen/chemie/nachrichten/artikel/chinesische_heilkraeuter_in_deutschland_mit_pestiziden_belastet/

     

  • Repliken zum Artikel der Süddeutschen Zeitung "Krebs durch Kräutermix "

    veröffentlicht: Leserbriefe zu: „Krebs durch Kräutermix“, Süddeutsche Zeitung vom 22.12.2009

    Der Brief von Axel Wiebrecht wurde in unvollständiger Form veröffentlicht-ohne Wissen des Autors!

     Der Brief von Erich Stoeger wurde überhaupt nicht veröffentlicht.

    Meilenweit an der Realität vorbei

    Der Autor erweckt den Eindruck, als würden in Deutschland nach dem „schlichten Glaubenssatz“ „Kräuter sind gesund“ munter Aristolochiasäure-haltige Pflanzen in der chinesischen Heilkunde eingesetzt. Diese Unterstellung -naiv oder wieder besseren Wissens- geht meilenweit an der Realität vorbei. Über die längst bekannte Aristolochiasäure-Problematik berichtete die SZ bereits am 28.03.2000, sehr viel sachlicher.

    Leserbrief zum Artikel „Chinesische Medizin – Krebs durch Kräutermix“, Süddeutsche Zeitung vom 22.12.2009 von Axel Wiebrecht

     Der Autor erweckt den Eindruck, als würden in Deutschland nach dem „schlichten Glaubenssatz“ „Kräuter sind gesund“ munter Aristolochiasäure-haltige Pflanzen in der chinesischen Heilkunde eingesetzt. Doch diese naive Unterstellung geht meilenweit an der Realität vorbei. Dabei handelt es sich bei der Aristolochiasäure-Problematik um einen längst bekannten alten Hut, über den die SZ übrigens schon am 28.03.2000 sehr viel sachlicher berichtete.

    In Deutschland sind Aristolochiasäure-haltige Arzneimittel seit 1981 generell verboten, außer in homöopathischen Mitteln in hoher Verdünnung. Bis dahin gab es in Deutschland 350 Arzneimittel, die Aristolochiasäure in Reinform oder als pflanzliche Zubereitung enthielten. Die tragischen Ereignisse in Belgien Anfang der 90’er Jahre, die auf eine Verwechslung zurückgingen, haben dann in allen anderen westlichen Ländern zu entsprechenden Verboten geführt. Auch in China wurden die betroffenen Aristolochia-Drogen in der 2005’er Auflage des amtlichen Arzneibuches gestrichen. Aristolochia-Drogen sind in Europa schon lange kein Thema mehr, und was mögliche Spuren-Verunreinigungen angeht, sind die Behörden mit ihren Kontrollen diesbezüglich sehr sensibilisiert.

    Tatsächlich wurden in der Chinesischen Arzneitherapie - wie bei uns in Deutschland - Aristolochiasäure-haltige Pflanzendrogen verwendet. Seit den 50’er Jahren des letzen Jahrhunderts wurde für „Mutong“ zunehmend Aristolochiasäure-haltiges Guan Mutong eingesetzt. Die jahrhundertealten Erfahrungen, nach denen Aristolochiasäure-freies Mutong als unbedenklich galt, konnten so nicht mehr greifen. Die krebsauslösenden Eigenschaften von Aristolochiasäure-haltigen Pflanzendrogen sind inzwischen seit langem weltweit bekannt. Die Therapeuten haben selbst zur Aufklärung beigetragen (vgl. meinen Artikel „Über die Aristolochia-Nephropathie“ in der Deutschen Zeitschrift für Akupunktur im Jahr 2000). Das Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA) bemüht sich darum, durch Aufklärung und Einflussnahme auf die Ausbildung der Therapeuten, Neben­wirkungen der Chinesischen Arzneitherapie so gering wie möglich zu halten. Aus unserer Kenntnis der Situation in Deutschland können wir feststellen, dass ernste Neben­wirkungen unter Chinesischer Arzneitherapie sehr selten sind und in keinem Verhältnis zu entsprechenden Neben­wirkungen chemischer Mittel stehen.

    Dr. med. Axel Wiebrecht

    Vorsitzender des Centrums für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA)

    Bundesallee 141

    12161 Berlin

    Leserbrief zum Artikel „Chinesische Medizin – Krebs durch Kräutermix“, Süddeutsche Zeitung vom 22.12.2009 von Erich Stoeger

    Es ist verantwortungslos, dass sich Medien wie die Süddeutsche Zeitung als Plattform für schlecht recherchierte Artikel hergeben, die mit Berichten über Arzneimittelzwischenfälle aus den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts die für viele Krankheitsbilder sehr wertvolle Therapierichtung der Chinesischen Medizin schädigen wollen.

    Dies wirft naturgemäß ein extrem schlechtes Licht auf die Fachkompetenz dieser Medien, der Autor des Artikels wiederum sieht sich nun mit dem Vorwurf konfrontiert, sich nicht in die Materie eingearbeitet oder gar eine Gefälligkeitsarbeit im Dienste eines rückschrittlichen schulmedizinischen Monopoldenkens abgeliefert zu haben.

    Tatsache: Die in diesem Artikel angesprochenen Drogen mutong und fangji sind im vorgeschriebenen Dosierungsbereich angewendet, komplett ungefährlich. Bei ersterer Droge handelt es sich um Akebiae Caulis aus der Familie der Lardizabalaceae und bei letzterer um Stephaniae tetrandrae Radix aus der Familie der Menispermaceae. Beide Drogen enthalten keine Aristolochiasäuren, nicht einmal in Spuren. Die Drogen sind selbstverständlich korrekt identifiziert in der EU ohne Probleme im Handel und können bedenkenlos eingenommen werden. Ferner sind diese Drogen im Arbeitsprogramm der Arbeitsgruppe TCM des Europäischen Arzneibuches enthalten, sie werden zwecks eindeutiger Identifizierung und Abgrenzung von toxischen Verfälschungen bald auch ins Europäische Arzneibuch aufgenommen worden und damit europaweit problemlos erhältlich sein. 

    Die Drogen, auf der sich dieser Artikel beziehen hätte sollen sind guan mutong (Aristolochiae mandshurensis Caulis) und guang fangji (Aristolochiae fangchi Radix). Doch auch diese Drogen stellen praktisch kein Risiko mehr für die Volksgesundheit dar: Sie sind seit Jahren selbst in China verboten und werden auch dort nicht mehr gehandelt. Bei legalem Bezug über heimische Apotheken dürfte das Risiko, diese Drogen zu bekommen praktisch gleich Null sein. Bei einem Minimum an Recherchequalität hätte der Autor diese Tatsachen erkennen und eine unnötige Verunsicherung der Patientenschaft vermeiden können.

    Erich A. Stöger

    Apotheker & Sinologe (Univ. Wien)

    Herausgeber "Arzneibuch der Chinesischen Medizin"

    Mitglied der Arbeitsgruppe Traditionelle Chinesische Medizin

    der Europäischen Arzneibuchkommission (EDQM Strasbourg)

  • Attacke gegen Chinesische Arzneitherapie

    Herr Pließ setzt seine unqualifizierten Angriffe auf die chinesische Medizin fort

    veröffentlicht: Pressemitteilung des CTCA vom 07.04.2005

    Im März 2005 schickte der Allgemeinarzt aus Oberfranken Rainer Pliess ein Schreiben mit scharfen Angriffen gegen die Qualität chinesischer Kräutertees an verschiedene Medien (u.a. Spiegel, Stern, Focus, Report, Monitor), aber auch an die Staatsanwaltschaft Berlin. Die von Herrn Pliess aufgestellten Behauptungen erweisen sich bei näherer Analyse als nicht haltbar. Die anzuwendenden Grenzwerte, die angeblich "unglaublich" überschritten werden, werden von ihm erst gar nicht benannt.

    Im Unterschied zu damals macht er nun detaillierte Angaben zu seinen Messwerten. Er fährt schwere Geschütze auf und behauptet, dass die Schwermetallgrenzwerte, die für Lebensmittel gelten, "unglaublich" überschritten werden, dass ihm "schwerwiegende Zwischenfälle bekannt" seien, und tituliert die chinesischen Tees als "Sondermülltees". In einem Schreiben an die Apotheken, deren Tees er untersucht hatte, wird er noch massiver. Zitat: "Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass fast alle in Deutschland vertriebenen chinesischen Lebensmittel, Medizinaltees oder auch Produkte wie Moxastäbe zum großen Teil hochgradig mit Schwermetallen belastet, kontaminiert und verseucht sind, oder minderwertige Qualität haben." . "Derweil nehmen weitere z.T. schwerkranke Patienten chinesische Heilkräutertees mit hohem Cobalt-, Blei-, Cadmium-, Molybdän-, Thallium- usw. Werten, die bei vielen von ihnen schwere Nebenwirkungen auslösen oder manche sogar lebensgefährlich erkranken lassen (mir selber sind aus dem Bundesgebiet bisher drei Fälle bekannt). Dies ist ein absoluter Skandal und ein Verstoß gegen Grundrechte des Patienten." Er scheut auch nicht vor Ausdrücken wie "Betrug" oder "strafrechtliche Relevanz" zurück und droht den betreffenden Apothekern, wenn sie die Patienten nicht unverzüglich über seine Messwerte aufklären würden, mit einer Anzeige. Wie schon in der Analyse seiner ersten Veröffentlichung erweisen sich die Vorwürfe wiederum als haltlos.

    Analyse der Messwerte

    Vorauszuschicken ist, dass das CTCA nur zu Ergebnissen Stellung nehmen kann, die ihm von Pliess selbst mitgeteilt wurden. Danach handelt es sich um 14 verschiedene Teemischungen, die in Hinsicht auf diverse Pestizide und Metalle geprüft wurden. Die Zusammensetzung der Tees wurde nicht mitgeteilt. Sollte Pliess über weitere Messwerte verfügen, kann hier naturgemäß nichts darüber ausgesagt werden. Die Ergebnisse zu Insektiziden hatte Herr Pliess nicht zu beanstanden, was wir zur Kenntnis nehmen, wohl aber die Schwermetallgehalte.

    Bei pflanzlichen Arzneimitteln existieren nur für wenige Schwermetalle Richtwerte, und zwar für Blei, Cadmium und Quecksilber (Einzelheiten s. unten: "Rattengift in chinesischen Heilmitteln?"). Die Höchstmengenempfehlung für Blei beträgt 5 mg/kg. Pliess täuscht hohe Werte vor, indem er die Angaben nicht wie üblich in Milligramm/kg (mg/kg), sondern in Mikrogramm/kg (µg/kg) vornimmt, danach beträgt der Richtwert 5000 µg/kg. Dieser Wert wird in keinem Fall der von ihm mitgeteilten Messungen erreicht! Der höchste von ihm mitgeteilte Wert liegt bei 4035 µg/kg. Indem er unzulässigerweise auf den für Spinat geltenden Grenzwert von 300 µg/kg Bezug nimmt, kommt er zu dem Ergebnis, alle untersuchten chinesischen Tees als "hochgradig belastet" einzustufen.

    Für Quecksilber beträgt die Höchstmengen-empfehlung 100 µg/kg. Die Messwerte von Pliess liegen meist deutlich darunter. Der höchste Quecksilberwert liegt bei 35 µg/kg. Für Cadmium beträgt die Höchstmengenempfehlung 0,2 mg/kg (200 µg/kg). Dieser Wert wird von 5 der 14 mitgeteilten Messwerte numerisch überschritten. Der höchste Wert liegt bei 626 µg/kg. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die chinesischen Tees nicht wie Spinat verzehrt werden, sondern als Dekokt (wässrige Abkochung) zubereitet getrunken werden. Wie in unserer zitierten Veröffentlichung [1] nachgewiesen, gehen die schwer wasserlöslichen Schwermetalle nur zu geringen Anteilen in das Dekokt über, so dass sie dort zumeist nicht mehr nachweisbar sind. Die aus den Tees resultierende Belastung, die keineswegs heruntergespielt werden soll, liegt damit deutlich unter dem numerischen Wert. Sie muss auch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass chinesische Arzneien ein beträchtliches medizinisches Nutzenpotenzial haben, das für einige Krankheiten, wie Neurodermitis und Reizdarm, durch international anerkannte klinische Studien belegt ist.

    Die übrigen Metalle

    Pliess spricht davon, dass "hochkontaminierte Tees in Tonnen" ... "mit verbotenen Stoffen wie Thallium und Arsen" in der BRD im Umlauf seien. Die Richtwertproblematik zu Thallium wurde von uns bereits abgehandelt [1], danach ist der ZEBS-Richtwert für Obst und Gemüse von 100 µg/kg heranzuziehen. Der höchste Messwert von Pliess liegt mit 75,7 µg/kg eindeutig darunter. Zusätzlich ist beim Bezug auf diese Richtwerte ein Trocknungsfaktor von ca. 5 einzurechnen, da es sich bei Tees um getrocknete Pflanzenbestandteile handelt. Pliess vertritt die Meinung, dass Thallium in Arzneimitteln überhaupt nichts zu suchen habe. Doch lässt sich dieses angesichts einer allseits in Mitleidenschaft gezogenen Umwelt und ständig verfeinerter Messmethoden nicht einfach verbieten. Es kommt nicht selten sogar im Trink- und Mineralwasser vor und wird dort innerhalb bestimmter Grenzen auch toleriert [2]. Die Behauptung bzgl. Kontamination mit Arsen wird erst gar nicht durch Werte belegt. Die Beurteilung der übrigen Metalle ist schwierig, weil es hierbei selbst für Lebensmittel kaum verbindliche Angaben gibt. Diese spielen in der Risikobewertung offenbar eine untergeordnete Rolle. Bzgl. Gallium, Gold und Indium werden von Pliess durchgehend Nullwerte mitgeteilt. Kupfer wurde von ihm mit bis zu 14,8 mg/kg gemessen. Vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin wurde für das lebensnotwendige Spurenelement Kupfer ein täglicher Bedarf von 1,0 bis 1,5 mg angegeben (für Erwachsene und Kinder ab 7. Lebensjahr) und ein "Upper Intake Level" von 10 mg pro Tag [3], das Food and Nutrition Board (FNB) des Institute of Medicine gibt ein "No Observerd Adverse Effect Level"(NOAEL) von 10mg/Tag an [4], d.h. bei diesem Wert wurden unter langfristiger Einnahme keine schädlichen Wirkungen beobachtet. Wenn man davon ausgeht, dass von einem Tee 100 g Tagesdosis eingenommen werden, so würden in dem Tee mit der höchsten Kupferkonzentration 1,48 mg Kupfer enthalten sein. Doch wie oben geschildert, geht nur ein Anteil davon in das Dekokt über, so dass die Kupferbelastung weit unter kritischen Gröߟen zurückbleibt. Auch Zink ist ein lebensnotwendiges Spurenelement. Pliess findet Werte bis 38,5 mg pro kg Tee. Die empfohlene tägliche Zinkzufuhr beträgt für Erwachsene 7 bis 10 mg [4]. Das Scientific Committee on Food (SCF) der Europäischen Kommission nennt ein Tolerable Upper Intake Level von 25 mg pro Tag. Unter Annahme einer Tagesdosis von 100 g des Tees mit der höchsten Zinkkonzentration käme man auf eine Menge von 3,85 mg Zink im Tee, wovon wiederum nur ein Teil in das Dekokt übergeht. Auch hier ist man von gefährlichen Konzentrationen weit entfernt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung toleriert sogar einen bewussten Zusatz von Zink in Nahrungsergänzungsmitteln bis 2,25 mg [4].

    Molybdän ist ein für den Menschen essentielles Metall und Bestandteil vieler Enzyme. Pliess findet Konzentrationen bis maximal 718 µg pro kg Tee, entsprechend 71,8 µg in 100 g Tee. Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt den Tagesbedarf eines Erwachsenen mit 50 bis 100 µg an, es schlägt eine Höchstmenge von 80 µg als Zusatz in Nahrungsergänzungsmitteln vor [4], also mehr als in einer der Tagesmengen enthalten. Hinzu kommt wiederum, dass de facto im Dekokt nur eine geringere Menge ankommt. Für Zinn gibt Herr Pliess Messwerte bis zu 155,1 µg/kg an. Die JECFA (Joint Expert Committee on Food Additives of the Food and Agriculture Organization of the United Nations and the World Health Organization) empfiehlt einen Provisional Tolerable Weekly Intake (PTWI)-Wert von 14 mg pro kg Körpergewicht, d.h. 2 mg/kg bzw. 2000 µg/kg pro Tag. Dieser Wert kann durch die von Pliess geprüften Tees bei weitem nicht erreicht werden. Bei Wismut beträgt die normale tägliche Aufnahme geschätzt 2 bis 30µg. Das Metall wird therapeutisch bei Magenerkrankungen in Mengen von 50 µg bis 525 mg angewandt. Das No Observed Adverse Effect Level (NOAEL) betrgt 100 mg pro kg Körpergewicht [6], also 6000 mg (oder 6.000.000 µg) für eine 60 kg schwere Person. Der maximale von Herrn Pliess mitgeteilte Messwert beträgt 174,8 µg/kg. Die in 100 g Tee enthaltene Menge würde mit 17,5µg um Dimensionen unterhalb möglicherweise schädlicher Bereiche liegen.

    Zusammenfassende Wertung: Die von Herrn Pliess aufgestellten Behauptungen erweisen sich bei näherer Analyse als nicht haltbar. Die anzuwendenden Grenzwerte, die angeblich "unglaublich" überschritten werden, werden von ihm erst gar nicht benannt. Vielmehr versucht er, den Leser durch lange Zahlenketten (Angaben in Mikrogramm anstatt der üblichen Milligramm) zu beeindrucken. Lebenswichtige Mineral- und Spurenelemente werden einseitig als Gifte dargestellt. Lediglich für das Schwermetall Cadmium werden Grenzwerte, die für frisches Gemüse gelten, überschritten. Dabei gilt für praktisch alle Metalle, dass diese schwer wasserlöslich sind und nur geringe Mengen in ein daraus zubereitetes Dekokt übergehen. Die Messwerte für Cadmium sind sicher alles andere als erfreulich. Sie können jedoch bei Anwendung in Dekokten kein wirkliches Gesundheitsrisiko begründen. Die Werte der anderen Metalle liegen deutlich bis weit unterhalb kritischer Grenzwerte.

    Herr Pliess geht von eigenen Theorien aus, wonach Umweltnoxen, deren Mengen weit unterhalb der offiziell genannten Bedenklichkeitsgrenzen liegen, schon schwere Gesundheitsschäden auslösen sollen. Das ist sein gutes Recht, doch muss er das auch klar benennen und vor allem auch belegen. Aus selbst fabrizierten und absonderlichen Vorstellungen über Grenzwerte lassen sich schwerlich skandalöse Verhältnisse bei chinesischen Arzneien ableiten.

    Dem Centrum für Therapiesicherheit in der Traditionellen Chinesischen Arzneitherapie (CTCA) ist die Qualität chinesischer Arzneien ein besonderes Anliegen, diese wird im Dialog mit den Apotheken auch immer wieder eingefordert. Dem CTCAsind jedoch aus westlichen Ländern keine Gesundheitsschäden bekannt geworden, die durch Kontaminationen mit Schwermetallen eingetreten wären. Der Bezug von ungeprüften Mitteln, z.B. über das Internet, birgt jedoch Risiken. Erfahrene Therapeuten wissen, welche Bezugsquellen gute und zuverlässige Qualität anbieten. Dazu gehören in Deutschland insbesondere die Apotheken, die sich in der "Arbeitsgemeinschaft Deutscher TCM-Apotheken (TCM-Apo-AG)" zusammengeschlossen haben. Bestimmte Großhändler bzw. Importeure prüfen ihre Ware hinsichtlich aller relevanten Parameter, der Bezug über diese vermittelt Sicherheit. Es ist unklar, warum Herr Pliess derart schwere und unqualifizierte Geschütze gegen die chinesische Medizin auffährt. Insider können sich des Eindruckes nicht erwehren, dass er damit eine Privatfehde mit der TCM-"Klinik am Steigerwald" ausfechtet. Diese befindet sich in seiner Wohnumgebung und zeichnet sich dadurch aus, dass sie besonders niedrige Dosierungen von chinesischen Arzneien verwendet. Damit wird das Risiko, falls eine solches bestehen sollte, noch einmal abgesenkt. Ist die Klinik mit ihrem therapeutischen Erfolgen für den niedergelassenen Arzt eine unliebsame Konkurrenz, die er ausschalten will? Warum hängt er seine verleumderischen Angriffe gleich so hoch auf? Offenbar versucht er mit allen Mitteln, der chinesischen Medizin einen Imageschaden zuzufügen.

    Dr. Axel Wiebrecht 1. Sekretär des CTCA

    Quellen:

    Wiebrecht A, Gasser U. Rattengift in chinesischen Heilmitteln? (2004) Dt. Zeitschr. f. Akupunktur 47(4): 49-51

    1. Bundesinstitut für Risikobewertung (2004). http://www.bgvv.de/cm/208/thallium_in_mineralwasser.pdf
    2. Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (2002), http://www.gruenwalder.de/DE/Produkte/Spurenelemente/Texte/mineralstoffe...
    3. Bundesinstitut für Risikobewertung (2004). http://www.bgvv.de/cm/238/verwendung_von_mineralstoffen_in_lebensmitteln...
    4. Food Standards Agency (1999). http://archive.food.gov.uk/maff/archive/food/infsheet/1999/no191/191tds.htm
    5. Sato H (Tohoku University, Japan), Okamato M (Hitachi PERL, Japan), Deubzer O (TUBerlin). http://www.efsot-europe.info/servlet/is/168/2003-12-Biological_Impact.pd...
Offener Brief an die Pharmazieräte und Entscheidungsträger zum drohenden Vertriebsverbot für Granulate der Chinesischen Medizin in Deutschland

veröffentlicht: 24.1.2018

Seit Ende 2016 stehen Granulate der Chinesischen Medizin unter kritischer Betrachtung seitens der Aufsichtsbehörden, was in zunehmendem Maße zum Vertriebsverbot für Apotheken geführt hat. Derzeit droht auch in Berlin der Entzug der behördlichen Genehmigung. Ein deutschlandweites Verbot von TCM-Granulaten steht somit im Raum.

Nach den gültigen Vorschriften müssen importierte Granulate vom Importeur bzw. von EUanerkannten Instituten auf Identität und Unbedenklichkeit hinsichtlich mikrobiologischer Belastung, Kontamination durch Schwermetalle, Pestizide oder auch Aflatoxine geprüft werden. Entsprechende Zertifikate muss die deutsche Apotheke nachweisen können. Grundsätzlich sind die Apotheken gehalten, noch einmal die Identität zu bestätigen (In-house- Prüfung). Hierfür wurden bisher verschiedene Verfahren eingesetzt, die aber nach den aktuellen Anforderungen nicht mehr ausreichen.

Die als Alternative in der Diskussion stehende Dünnschichtchromatografie (DC) würde für die Apotheken einen erheblichen Prüfaufwand erfordern, weil je nach Chargengröße für jede Charge eine Mehrzahl von Prüfungen vorgenommen werden müsste, so dass oft tausend und mehr Prüfungen für die vorrätig gehaltenen Granulate anfallen würden, mit entsprechendem Aufwand an Personal, Referenzsubstanzen und Lösungsmitteln und nicht zuletzt einer Belastung für die Umwelt und die Gesundheit der Mitarbeiter. Nach den uns vorliegenden Informationen wird das von den Apotheken als wirtschaftlich nicht umsetzbar angesehen. In der Konsequenz wäre dies das Aus für TCM-Granulate in Deutschland, zumindest zu erschwinglichen Preisen, was unabsehbare Folgen hätte.

Die führenden Fachverbände für Chinesische Medizin in Deutschland, das Centrum für Therapiesicherheit in der chinesischen Arzneitherapie (CTCA) sowie deutsche TCMApotheken drücken ihre tiefe Besorgnis darüber aus, dass deutschen Patienten TCMGranulate in der bisherigen Qualität nicht mehr zur Verfügung stehen könnten. Granulate haben sich nach unserer Erfahrung in der Praxis bewährt, insbesondere wenn TCM-Dekokte aus Rohdrogen in bestimmten Alltagssituationen nicht einsetzbar sind. Für nicht wenige Patienten würde der Ausfall der Granulate die Versorgung mit einer Medizin gefährden, die ihnen bei der Bewältigung ihrer Krankheit eine große Hilfe ist. Ein Review unter Einschluss von 56 klinischen Studien (1) fand keinen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen Rohdrogen und Granulaten der Chinesischen Medizin. Aussagefähige Placebo-kontrollierte Studien zur Chinesischen Arzneitherapie wurden in der Regel mit Granulaten durchgeführt. In Japan und Taiwan werden TCM- bzw. Kampo-Granulate, nicht aber Rohdrogen, von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet.

Über das Notwendige hinausgehende Qualitätsanforderungen dienen nicht der Patientensicherheit, sondern bewirken eher das Gegenteil: Bei einem Verbot der Granulate in Deutschland werden diese zweifellos aus anderen EU-Ländern oder intransparenten Quellen über das Internet bezogen werden, die unter dem Label Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden und Sicherheitsstandards, die Granulate aus Deutschland bislang bieten, in der Regel nicht erfüllen. Ernste Gesundheitsgefährdungen sind nicht auszuschließen, z.B. sind Fälle von Nierenschäden unter Aristolochia-Drogen auch nach deren Verbot im europäischen Ausland bekannt geworden. Dem Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA) sind jedoch keine Gesundheitsgefahren bekannt geworden, die durch fehlerhafte Nachprüfung der Identität durch deutsche Apotheken aufgetreten wären.

Die Prüfanforderungen seitens der Pharmazieräte sind aus unserer Sicht zum Teil sinnvoll und begrüßenswert, zum Teil über das Ziel hinausgehend. Nachdem Granulate vom Lieferanten, d.h. in der Regel vom Importeur, bereits auf Identität und Qualität geprüft wurden, kann es nur noch darum gehen, in der Apotheke Verwechslungen auszuschließen. Unserer Meinung nach sollten dringend Lösungen gesucht werden, die diesem Ziel dienen und wirtschaftlich vertretbar sind. Offensichtlich ist Deutschland das einzige Land, in dem Anforderungen dieser Art an die Identitätsfeststellung von Granulaten in der Apotheke gestellt werden. In vielen europäischen Ländern werden Granulate zum großen Teil gar nicht über Apotheken an den Verbraucher abgegeben. Wir sollten die ungleich sichereren deutschen Vertriebswege für unsere Patienten erhalten.

Die Unterzeichner dieses Aufrufs rufen die Entscheidungsträger eindringlich zu einem Umgang mit Augenmaß bezüglich der bestehenden Thematik auf. Sie beziehen sich ausdrücklich und primär auf das Wohl der Patienten, die damit verbundene Patientensicherheit und die Freiheit der Patienten in der Therapiewahl. Auch in ihrem Namen fordern die Unterzeichner die Entscheidungsträger und die Apotheken auf, sich möglichst bald auf ein praktikables Vorgehen zu einigen. Insbesondere sollten im Rahmen der Diskussion und Umsetzung von Prüfverfahren verstärkt Experten der Chinesischen Arzneitherapie sowie TCM-kundige Apotheker angehört und eingebunden werden.

Arbeitsgemeinschaft für klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin e.V. (AGTCM)

Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie e.V. (CTCA)

Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. (DÄGfA)

Gesellschaft für die Dokumentation von Erfahrungsmaterial der Chinesischen Arzneitherapie (DECA)

Jing Fang Institut Deutschland

Societas Medicinae Sinensis – Internationale Gesellschaft für Chinesische Medizin e.V. (SMS) 

(1) Luo H, Li Q, Flower A, Lewith G, Liu J. Comparison of effectiveness and safety between granules and decoction of Chinese herbal medicine: A systematic review of randomized clinical trials. J Ethnopharmacol 2012; 140:555-567

Datei zum downloaden

Information und Stellungnahme des CTCA zu Liefereinschränkungen bei chinesischen Granulaten in Deutschland

veröffentlicht: April 2017

In letzter Zeit mussten verschiedene Apotheken, insbesondere in Bayern, den Vertrieb chinesischer Granulate einstellen. Hintergrund sind neue Anforderungen der Pharmazieräte an den Vertrieb von Granulaten, die in den verschiedenen Bundesländern jedoch unterschiedlich gehandhabt werden. Bei wortgetreuer Umsetzung der Anforderungen sind die Hürden so beschaffen, dass sich die betroffe­nen Apotheken nicht mehr in der Lage sehen, diese unter realistischen Bedingungen zu nehmen und den Vertrieb einstellen.

Besonders die laut Apothekenbetriebs­ordnung von den Apotheken vorzu­neh­­­mende Identitätsfeststellung eingesetzter Rezepturbestand­teile spielt eine tragende Rolle.

In § 11 der Verordnung heißt es:
„Werden Ausgangsstoffe bezogen, deren Qualität durch ein Prüfzertifikat nach § 6 Abs. 3 nachge­wiesen ist, ist in der Apotheke mindestens die Identität festzustellen.“

Die Apotheken sind danach gehalten, zusätzlich zur Identitätsfeststellung und anderen Qualitäts­prüfungen durch externe Institute selbst die Identität in der Apotheke noch einmal zu bestätigen. Während es für Rohdrogen häufig machbar ist, dieses mittels Sicht-, Geschmacks- und mikrosko­pischer Prüfung zumindest mit dem Ziel Ausschluss von Verwechslungen durchzuführen, ist das bei Granulaten nicht so einfach möglich. Bisher wurde von vielen Apotheken das Nahinfrarot­spektro­skopie-Verfahren eingesetzt. Dieses liefert jedoch nach Auskunft von Fachleuten keine zuverlässigen Ergebnisse. Auf einer Sitzung der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte in Deutschland wurde dieses unterstrichen und eine Reihe von weiter reichenden Anforderungen an Granulate formuliert. Danach sollen für Granulate u.a. das Herstellungsverfahren, das Droge-Extrakt-Verhältnis, Hilfsstoffe und Zusätze, die Art der Granulatherstellung, ob Lochscheiben-, Wirbelschicht- oder Sprühgranu­lierung angewandt wurde, und Gehaltsbestimmungen angegeben werden.

Als Organisation primär von Therapeuten können wir zu rein pharmazeutischen Fragestellungen wie geeigneten Verfahren zur Identitätsfeststellung nicht kompetent Stellung nehmen. Dennoch möchten wir allgemein gehaltene Feststellungen dazu treffen.

Nach den gültigen Vorschriften müssen Granulate vom Importeuer bzw. beauftragten EU-anerkannten Instituten auf Identität sowie Unbedenklichkeit hinsichtlich mikrobiologischer Belastung, Kontaminationen durch Schwermetelle, Pestizide, ggfs. auch Aflatoxine geprüft werden. Die Apotheke hat dieses durch Vorhalten entsprechender Zertifikate nachzuweisen. Wenn von der Apotheke ein weiterer Nachweis der Identität gefordert wird, kann es nur um den Ausschluss von Verwechslungen durch Falschetikettierung gehen. Diese Fehlermöglichkeit ist durch automatisierte Herstellungs- und Kontrollprozesse und die Identitätsprüfung seitens des Importeurs relativ unwahrscheinlich. Um ein Restrisiko zu beherrschen, sollte sich das Verfahren in der Apotheke dem Ziel unterordnen, den Ausschluss von Verwechslungen sicherzustellen. Im CTCA haben wir keine Meldungen oder Kenntnis von Vorfällen erhalten, wo durch falsche Identitätsbestimmungen chinesischer Arzneidrogen in der Apotheke Personen geschädigt worden wären. Auch bei korrekter Identität sind allerdings Fehler bei der Zusammenstellung von Rezepturen möglich, denen durch andere Vorkehrungen zu begegnen ist.

Weitergehende Anforderungen, wie sie die Pharmazieräte formuliert haben, halten wir teilweise für sinnvoll, andere für überstrapaziert. Qualitätsanforderungen sollten der Sicherheit dienen, aber den Zugang der europäischen Bürger zu Heilmitteln, die ihrer Gesundheit dienen, nicht unange­messen behindern. In der Art der Granulatherstellung, ob durch Lochscheiben-, Wirbelschicht- oder Sprüh­granulierung, können wir keine sicherheitsrelevanten Aspekte oder sonstige zwingend notwendige Erfordernisse erkennen. Wir wären sehr überrascht, wenn dafür eine Evidenz demonstriert werden könnte.

Gehaltsbestimmungen sind aus unserer Sicht für den therapeutischen Zweck wenig hilfreich, da die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe häufig nicht bekannt sind, was auch für zugelassene und unumstrittene Phytotherapeutika wie z.B. Johanniskraut gilt. Nach geltender Auffassung ist der gesamte Extrakt mit allen darin enthaltenen Bestandteilen als Wirkstoff anzusehen. Die Inhaltsstoffe chinesischer Arzneidrogen sind gut erforscht und in Zehntausenden von Publikationen dokumentiert. Sie weisen natürlicherweise je nach Anbaubedingungen eine Schwankungsbreite auf, mit der sie auch traditionell angewendet wurden. Meist haben sie eine große therapeutische Breite. Anders verhält es sich bei Arzneidrogen mit toxischen Potenzial. Hier sind Gehaltsbestimmungen der toxischen Inhaltstoffe in bestimmten Fällen erforderlich, aber unseres Wissens auch üblich, so z.B. der Diester-Diterpenakaloide bei den Aconitum-Drogen.

Überstrapazierte Qualitätsanforderungen an Granulate dienen nicht der Sicherheit, sondern bewirken letztlich das Gegenteil. Anfragen an das CTCA zeugen davon, dass sich schon jetzt manche Therapeuten nach Bezugs­alternativen aus dem Ausland umsehen aus EU-Ländern, die weniger strenge Arzneimittelauflagen haben und weitgehend auf Kontrollen verzichten, oder gar aus Drittländern über das Internet. Wir warnen seit Jahren vor dem Bezug aus diesen oft preisgünstigen Quellen und versuchen darüber aufzuklären, dass dieser durch Qualitätsrisiken erkauft wird. Eine Einschränkung oder gar ein faktisches Verbot der Bezugsmöglichkeiten für Granulate in Deutschland würde das gemeinsame Anliegen einer Arzneimittelsicherheit ernsthaft gefährden.

Aristolochia: „Bösartige Lüge“ oder bittere Wahrheit?

veröffentlicht: 13.01.2017

Die Aristolochia-Story findet so leicht kein Ende. Eigentlich sollte sie der Vergangenheit angehören, weil Arzneidrogen, die Aristolochiasäure enthalten, in vielen Ländern der Welt verboten sind. Das gilt auch für China und Taiwan. Dennoch kursieren in der TCM-Welt vereinzelt noch falsche Vorstellungen bzw. mangelnde Informationen über das Problem.
Eine Stellungnahme zum Artikel von Chris Dhaenens 2013, verfasst von Axel Wiebrecht, Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA), erschienen in der „Naturheilpraxis“.

Vorbemerkung

Die Aristolochia-Story findet so leicht kein Ende. Eigentlich sollte sie der Vergangenheit angehören, weil Arzneidrogen, die Aristolochiasäure enthalten, in vielen Ländern der Welt verboten sind. Das gilt auch für China und Taiwan. Dennoch kursieren in der TCM-Welt vereinzelt noch falsche Vorstellungen bzw. mangelnde Informationen über das Problem. Der Belgier Chris Dhaenens veröffentlichte im Jahre 2013 einen Artikel über das Thema im englischen „Journal of the Register of Chinese Herbal Medicine“ [1]. Aufhänger war, dass Kritiker der Phytotherapie uns diese Geschichte immer wieder vorhalten, so in einem Artikel im Lancet Oncology, wo wegen eines aufgetretenen Leberschadens unter Arsenoxid(!) ohne inhaltlichen Zusammenhang auf die Aristolochia-Story verwiesen wurde. So sehr die Kritik an derartigen Links berechtigt ist, so sehr muss die Problemverharmlosung von Chris Dhaenens kritisiert werden. Da der Artikel kürzlich in der Zeitschrift „Naturheilpraxis“ auf Deutsch nach­gedruckt wurde, sieht sich das CTCA zu einer Stellungnahme veranlasst. Die TCM-Welt muss in dieser Frage, auf die es eine sehr eindeutige Antwort gibt, klar Stellung beziehen, sonst kann man ihr mit Recht mangelndes Realitätsbewusstsein in Sicherheitsfragen vorwerfen. Da uns die „Naturheilpraxis“ für unsere Stellungnahme nur beschränkten Raum zur Verfügung stellen wollte, musste für diese Zeitschrift eine stark gekürzte Fassung einge­reicht werden. Hier finden Sie den vollständigen Text.

Ist die mit Aristolochia in Verbindung gebrachte Nierenerkrankung „kaum Aristolochia zuzuschreiben“ und sind die „kanzerogenen  Eigenschaften von Aristolochiasäure nur bei Nagetieren festgestellt“? Andererseits heißt es, dass „niemand mit gesundem Menschen­­verstand auf die Idee käme, das Verbot von Aristolochia in Frage zu stellen.“ Wie passt das zusammen? Die Aussagen des Artikels von Chris Dhaenens in der Naturheilpraxis 12/2016[2] zeugen von einer erstaunlichen Unkenntnis und unverantwortlichen Verharm­losung des Problems. Im Folgenden soll versucht werden, auf die Argumente des Autors einzugehen und darzulegen, dass kaum ein anderes Phänomen in der Medizin so eindeutig nach­gewiesen ist wie die Nierenschädlichkeit und Kanzerogenität von Aristolochiasäure, die in verschiedenen Pflanzen der Gattung Aristolochia in relativ hohen Konzentrationen vorkommt.

Die Belgische Schlankheitsklinik

In den 1990‘er Jahren wurde in einer belgischen Schlankheitsklinik ein abenteuerlicher Cocktail von Appetithemmern und anderen chemischen Mitteln zusammen mit chinesischen Arzneidrogen verabreicht. Als dann statt des verschriebenen Stephaniae tetrandrae Radix (han fang ji) eine andere Droge der chinesischen Materia Medica, nämlich Aristolochiae fangchi Radix (guang fang ji) ausgeliefert wurde, kam es in über 100 Fällen zu Nieren­schäden, die auch nach Absetzen des Mittels meist progredient waren und in etwa 70 Prozent der Fälle zu terminalem Nierenversagen führten, mit erforderlich werdender Dialyse oder Nierentransplantation[3]. Die Aristolochia-Nephropathie (AN) stellt sich als eine eigene Krankheitsentität dar mit dem charakteristischen histologischen Bild einer interstitiellen Fibrose und Tubulusatrophie. 

Ein Serotonin-Problem?

Chris Dhaenens führt an, dass ja Tausende von Frauen mit Aristolochia behandelt worden seien, bei denen die Nierenschädigung nicht aufgetreten sei. Er übersieht dabei, dass die Empfindlichkeit für toxische Reaktionen generell zwischen Individuen sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Dieses Phänomen kennt man z.B. auch von Novalgin, unter dem es nur bei sehr wenigen Anwendern zur gefürchteten Agranulozytose kommt. Ferner spielt natürlich auch die Dosis eine Rolle, im Fall von Aristolochia die kumulative Dosis (s. unten).

Chris Dhaenens schreibt nun dem Serotonin, das in dem Medikamentencocktail der Schlank­heitsklinik enthalten war, die Rolle des Hauptauslösers zu und beruft sich dabei auf ein Editorial von de Broe[4]. Dieser hatte jedoch nur geschrieben, dass die gefäßverengende Wirkung des Serotonins den nephrotoxischen Effekt der Aristolochiasäure, den er nicht in Frage stellt, „beschleunigt oder potenziert“ haben könnte. Als Grund für die Tatsache, dass nur ein Teil der exponierten Personen eine Nephropathie oder Urothelialkrebs entwickelte, vermutet er eine genetische Prädisposition. Schon vor Jahren hat eine Dosisbetrachtung der belgischen Fälle nahegelegt, dass der chemische Cocktail anscheinend eine beschleunigen­de Funktion ausgeübt hat[5]. Es ist aber müßig, das Vorgehen der belgischen Schlankheits­klinik zu kritisieren, ganz ohne Frage ist deren Therapie medizinisch völlig inakzeptabel und unverantwortlich. Ihr „Verdienst“ war es, dass durch das geballte Auftreten von Nieren­schäden die Nephrotoxizität von Aristolochia überhaupt erst zu Bewusstsein kam.

Man muss die belgischen Fälle mit dem möglichen Serotonin-Phänomen gar nicht weiter bemühen. Es gibt genügend Fälle von AN, die ohne Serotonin-Einfluss zustande kamen. Seit den 1950’er Jahren hatte es schon mehrfache Hinweise auf eine Nephrotoxizität von Aristolochiasäure gegeben, meist aus Tierversuchen[5]. In Folge der belgischen Ereignisse wurden dann weltweit viele Fälle von Nierenschäden mit dem typischen Bild der AN aufgedeckt, die meist unter Anwendung chinesischer Rezepturen, die Aristolochia manshuriensis Caulis (guan mu tong) oder Aristolochiae fangchi Radix (guang fang ji) enthielten, aufgetreten waren. Die Veröffentlichungen stammten aus Großbritannien, Frankreich, Taiwan, Japan, China, Hongkong, Korea, Australien, USA und Deutschland[6], ein Fall auch aus Spanien, der auf eine westliche Spezies, Aristolochia pistolochia, zurück­ging[7]. Sie haben zum Verbot von Aristolochia in vielen Ländern geführt, darunter auch in China und Taiwan.

Nachdem man in China von der Aristolochia-Nephrotoxizität Kenntnis erlangt hatte, begannen die Nephrologen damit, bei Patienten mit chronischen Nieren­erkrankungen routinemäßig die Medikamentenanamnese zu erheben, insbesondere bei einer Nephropathie vom tubulointerstitiellen Typ mit zunächst unbekannter Ursache. Im Laufe der Jahre fanden sich Tausende von Patienten mit AN[8]! Diese Tatsachen werden von Chris Dhaenens völlig ausgeblendet.

 Verlauf der Aristolochia-Nephropathie

Eine unverantwortliche Verharmlosung und Verleugnung der Realität ist es, wenn Chris Dhaenens schreibt, die Toxizität der Aristolochiapflanze sei „akut und reversibel“. Ein solcher Verlauf ist die Ausnahme, in der Regel trifft das Gegenteil zu. Unter 58 Fällen von AN aus der Abteilung eines Krankenhauses in Beijing hatten 4 Patienten eine akute Verlaufsform, 7 eine sogenannte tubuläre Dysfunktion und 47 einen chronisch-progressiven Verlauf[9]. Bei den meisten Patienten, bei denen eine AN diagnostiziert wird, schreitet die Krankheit trotz Absetzen der Aristolochia-Medikation relativ schnell voran, in einer belgischen Zusammen­stellung bei 83 Prozent innerhalb von zwei Jahren bis zum Nierenversagen[6].

Unter 300 Fällen, die in der Abteilung eines weiteren Krankenhauses in Beijing innerhalb von 10 Jahren zusammen kamen, wiesen 13 Patienten innerhalb von 3 Monaten nach Absetzen der Aristolochia-Medikation einen akuten Verlauf auf, 10 eine tubuläre Dysfunktion und 280 Patienten einen chronischen Verlauf. Bei den akuten Verläufen kam es nur in einem Fall zur Rückbildung, in 5 Fällen zum Fortschreiten bis zur terminalen Niereninsuffizienz. Unter den chronischen Fällen zeigten 20 Prozent eine teilweise Rückbildung, bei den übrigen war die Niereninsuffizienz progredient, bei 44 Prozent recht schnell mit einer Verminderung der glomerulären Filtrationsrate um mehr als 4ml/min pro Jahr. Die meisten Patienten hatten Aristolochiae manshuriensis Caulis (guan mu tong) eingenommen, es folgten in der Häufigkeit Aristolochiae Radix (qing mu xiang), Aristolochiae fangchi Radix (guang fang ji), Aristolochiae debilis Caulis (tian xian teng) und Aristolochiae molissimae Herba (xun gu feng). Die Gehalte an Aristolochiasäure waren mit HPLC bestimmt worden, die kumulative Dosis korrelierte in den chronischen Fällen mit der Schnelligkeit der Progression[8].

 Kanzerogenität von Aristolochia

Die Aussage, dass „karzinogene Eigenschaften von Aristolochiasäure nur bei Nagern festgestellt“ wurden, ist eine weitere unglaubliche Verkennung der Tatsachen. Erkenntnisse aus Tierversuchen waren nur der Ausgangspunkt. 1981 wurden Aristolochiasäure-haltige Arzneimittel durch das damalige Bundesgesundheitsamt in Deutschland verboten, nachdem sich Aristolochiasäure bei Ratten als ausgesprochen kanzerogen erwiesen hatte[10].

In den belgischen Fällen zeigte sich, dass über 40 Prozent der Patientinnen mit AN Tumore entwickelten, und zwar urotheliale Karzinome der oberen Harnwege, aber auch Nierenzell- und Blasenkarzinome[11-14]. Eine aktuelle Studie spricht von zwingender Evidenz für eine Beteiligung der Aristolochiasäure auch bei einem beträchtlichen Anteil von Nierenzell­karzinomen in Taiwan[15].

Die Eigenschaft eines Stoffes, Addukte an die DNA zu bilden, gilt als starker Hinweis auf eine kanzerogene Potenz. Eine Heidelberger Forschergruppe konnte wiederholt in Gewebs­proben bei verschiedenen Gruppen von Krebspatienten, die mit Aristolochia-Drogen behandelt worden waren, DNA-Addukte von Aristolochiasäure bzw. dessen Metabolit Aristolactam feststellen. Chris Dhaenens argumentiert, dass deren Ergebnisse von einer anderen Forscherin in Frage gestellt wurden[16]. DNA-Addukte wurden jedoch auch von anderen unabhängigen Untersuchern in einer Vielzahl von Krebsfällen, die mit  Aristolochia­säure in Zusammenhang stehen, nachgewiesen, so in den USA, Kroatien und Taiwan[15,17,18]. Im Tierversuch konnten DNA-Addukte nach Aristolochiasäure-Verabreichung reproduziert werden[19]. Es konnte sogar gezeigt werden, dass häufig im Tumorgewebe an einer ganz bestimmten Stelle eines Gens eine Mutation ausgelöst wurde, die für Aristolochiasäure charakteristisch ist, und zwar des Tumorsuppressor-Gens TP53[17,20]. Dadurch wird das Gen inaktiviert und die Krebsentstehung gefördert.

Epidemiologische Untersuchungen in Taiwan

In Taiwan hatte bis zu einem Drittel der Bevölkerung zwischen 1997 und 2003 potenziell Aristolochiasäure-haltige Arzneien eingenommen[21], gleichzeitig hat Taiwan die weltweit höchste Inzidenz an terminalem Nierenversagen[22]. Eine Untersuchung an 199.843 Patienten zeigte, dass nach Herausrechnung sonstiger Einflussfaktoren bei Aufnahme von mehr als 30g mu tong* oder mehr als 60g guang fang ji das Risiko für eine chronische Nierenerkrankung signifikant anstieg[23]. Die Aufnahme von mehr als 60g mu tong* oder 150mg Aristolochiasäure war mit einem erhöhten Risiko für Karzinome des Harntrakts assoziiert, das mit zunehmender Dosis weiter linear anstieg[24].

Eine weitere Studie aus Taiwan zeigte, dass bei Patienten mit terminalem Nierenversagen das Risiko, ein urothelia­les Karzinom zu entwickeln, erhöht war, wenn sie mu tong* entsprechend einer geschätzten Menge von mehr als 100mg Aristolochiasäure eingenommen hatten[25]. Es ist selten in der Medizin, dass man so klare Belege für die kanzerogene Wirkung eines Stoffes hat, ohne darauf angewiesen zu sein, aus Tierversuchen auf die Wirkung beim Menschen zu schließen.

 Fazit

Sicherlich ist es ärgerlich, dass uns das Aristolochia-Problem, das in Europa lange zurückliegt, immer wieder bei jeder unpassenden Gelegenheit vorgehalten wird. Verharm­losende Artikel wie der von Chris Dhaenens tragen leider dazu bei, dass Gegner der Chinesischen Medizin daraus eine Berechtigung ableiten können. Die Aristolochia-Tragödie ist bzw. war ein Desaster für die Chinesische Medizin, bildet aber in dieser Hinsicht eine klare Ausnahme. Die Chinesische Arzneitherapie, fachkundig ausgeübt unter Anwendung qualitätsgerechter Arzneidrogen, ist eine sichere Therapie. So zeigte sich, dass Patienten mit chronischer Nierenerkrankung in Taiwan, die mit Chinesischer Arzneitherapie ohne Aristolochia-Drogen behandelt worden waren, eine geringere Mortalität aufwiesen als ohne eine solche Therapie[26].

Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA), Berlin
Axel Wiebrecht, 1. Vorsitzender
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

*Für „mu tong“ wurde zu der Zeit in Taiwan zu 84% guan mu tong, d.h. Aristolochiae manshuriensis Caulis eingesetzt[23,24]. Heute ist für „mu tong“ allein Aristolochiasäure-freies Akebiae Caulis offizinell.

Literatur:

1. Dhaenens C. Aristolochia: The malignant lie and the benign truth. J Register Chin Herbal Med 2013;10:39-41

2. Dhaenens C. Aristolochia - die bösartige Lüge und die gutartige Wahrheit. Naturheilpraxis 2016;69:65-68

3. Debelle FD, Vanherweghem JL and Nortier JL. Aristolochic acid nephropathy: a worldwide problem. Kidney Int 2008;74:158-69

4. De Broe ME. On a nephrotoxic and carcinogenic slimming regimen. Am J Kidney Dis 1999;33:1171-3

5. Wiebrecht A. Über die Aristolochia-Nephropathie. Dt Zschr Akupunktur 2000;43:187-97

6. Gökmen MR, Cosyns JP, Arlt VM, et al. The epidemiology, diagnosis, and management of aristolochic acid nephropathy: a narrative review. Ann Intern Med 2013;158:469-77

7. Pena JM, Borras M, Ramos J and Montoliu J. Rapidly progressive interstitial renal fibrosis due to a chronic intake of a herb (Aristolochia pistolochia) infusion. Nephrol Dial Transplant 1996;11:1359-60

8. Yang L, Su T, Li XM, et al. Aristolochic acid nephropathy: variation in presentation and prognosis. Nephrol Dial Transplant 2012;27:292-8

9. Chen W, Chen Y and Li A. [The clinical and pathological manifestations of aristolochic acid nephropathy--the report of 58 cases] (Chinese). Zhonghua Yi Xue Za Zhi 2001;81:1101-5

10. Hagemann U, Grase R, Thiele A, et al. Probleme der Arzneimittelsicherheit: Aristolochiasäure. Münchner Med Wschr 1982;124:611-2

11. Cosyns JP, Jadoul M, Squifflet J-P, et al. Urothelial lesions in Chinese-herb nephropathy. Am J Kidney Dis 1999;33:1011-7

12. Nortier JL, Martinez M-CM, Schmeiser HH, et al. Urothelial carcinoma associated with the use of a Chinese herb (Aristolochia fangchi). New Engl J Med 2000;342:1686-92

13. Zlotta AR, Roumeguere T, Kuk C, et al. Select screening in a specific high-risk population of patients suggests a stage migration toward detection of non-muscle-invasive bladder cancer. Eur Urol 2011;59:1026-31

14. Lemy A, Wissing KM, Rorive S, et al. Late onset of bladder urothelial carcinoma after kidney transplantation for end-stage aristolochic acid nephropathy: a case series with 15-year follow-up. Am J Kidney Dis 2008;51:471-7

15. Hoang ML, Chen CH, Chen PC, et al. Aristolochic acid in the etiology of renal cell carcinoma. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2016;25:1600-08

16. Pfohl-Leszkowicz A. Ochratoxin A and aristolochic acid involvement in nephropathies and associated urothelial tract tumours. Arh Hig Rada Toksikol 2009;60:465-83

17. Chen CH, Dickman KG, Moriya M, et al. Aristolochic acid-associated urothelial cancer in Taiwan. Proc Natl Acad Sci U S A 2012;109:8241-46

18. Jelakovic B, Karanovic S, Vukovic-Lela I, et al. Aristolactam-DNA adducts are a biomarker of environmental exposure to aristolochic acid. Kidney Int 2012;81:559-67

19. Dong H, Suzuki N, Torres MC, et al. Quantitative determination of aristolochic acid-derived DNA adducts in rats using 32P-postlabeling/polyacrylamide gel electrophoresis analysis. Drug Metab Dispos 2006;34:1122-7

20. Chen CH, Dickman KG, Huang CY, et al. Aristolochic acid-induced upper tract urothelial carcinoma in Taiwan: clinical characteristics and outcomes. Int J Cancer 2013;133:14-20

21. Hsieh SC, Lin IH, Tseng WL, et al. Prescription profile of potentially aristolochic acid containing Chinese herbal products: an analysis of National Heath Insurance data in Taiwan between 1997 and 2003. BioMed Central 2008;3:1-6

22. Guh JY, Chen HC, Tsai JF and Chuang LY. Herbal therapy is associated with the risk of CKD in adults not using analgesics in Taiwan. Am J Kidney Dis 2007;49:626-33

23. Lai MN, Lai JN, Chen PC, et al. Increased risks of chronic kidney disease associated with prescribed Chinese herbal products suspected to contain aristolochic acid. Nephrology 2009;14:227-34

24. Lai MN, Wang SM, Chen PC, et al. Population-based case-control study of Chinese herbal products containing aristolochic acid and urinary tract cancer risk. J Natl Cancer Inst 2010;102:179-86

25. Wang SM, Lai MN, Wei A, et al. Increased risk of urinary tract cancer in ESRD patients associated with usage of Chinese herbal products suspected of containing aristolochic acid. PLoS One 2014;9:e105218

26. Hsieh CF, Huang SL, Chen CL, et al. Non-aristolochic acid prescribed Chinese herbal medicines and the risk of mortality in patients with chronic kidney disease: results from a population-based follow-up study. BMJ Open 2014;4:e004033

Stellungnahme zur Greenpeace-Studie „Chinesische Heilkräuter in Deutschland mit Pestiziden belastet“

veröffentlicht: 10.07.2013

Greenpeace veröffentlichte kürzlich eine Studie zur Qualität chinesischer Arzneidrogen. Das Resultat: „In Deutschland hat Greenpeace 38 unterschiedliche Pestizide in gerade mal fünf Proben gefunden. In 23 Fällen lagen die gefundenen Rückstände über der gesetzlichen Höchstmenge.“ Sind die gefundenen Werte für in Deutschland vertriebene chinesische Arzneidrogen repräsentativ? Nein, denn keine der Proben wurde in einer Apotheke gekauft. Alle Proben wurden in Lebensmittelläden (Asiashops) gekauft und stammen vom selben Grosshändler.

Greenpeace veröffentlichte kürzlich eine Studie zur Qualität chinesischer Arzneidrogen. Diese beinhaltete eine Untersuchung auf Pestizidrückstände von 7 verschiedenen Drogen, von welchen Proben aus verschiedenen westlichen Ländern getestet wurden. Für Deutschland wurden 5 Proben untersucht. Das Resultat: „In Deutschland hat Greenpeace 38 unterschiedliche Pestizide in gerade mal fünf Proben gefunden. In 23 Fällen lagen die gefundenen Rückstände über der gesetzlichen Höchstmenge.“

Die Studie sorgte für einige Irritationen unter TCM-Therapeuten und in der Öffentlichkeit.

Sind die gefundenen Werte für in Deutschland vertriebene chinesische Arzneidrogen repräsentativ?

Lydia Buhn, die als PTA in der TCM-Abteilung der Friedrichstadt-Apotheke in Berlin arbeitet, hat die Details der Greenpeacestudie für Deutschland dankenswerterweise recherchiert (link zum greenpeace artikel siehe ganz unten). Danach stammten die 5 Proben aus Deutschland sämtlich von der Firma Three Coconut Tree. „Three Coconut Tree ist in Deutschland und Europa gemeldet. Die Anmeldung bzw. Registrierung finden Sie hier: Handelsregister tmdb.de . Eingetragen ist die Firma als ein Tochterunternehmen der AsRopa Food GmbH, einem Lebensmittelhandel. Außerdem sieht man bei tmdb.de, dass die Three Coconut Tree für viele Produktarten eintragen ist, nicht jedoch für pharmazeutische Produkte. Die Firma vertreibt hauptsächlich Lebensmittel über China-Supermärkte in Deutschland und Europa, sowie bei amazon.de oder indomarkt.de.“ 

Wir stellen damit fest: Die Firma Three Coconut Tree ist eine Firma aus dem Lebensmittelhandelbereich, die natürliche Produkte vertreibt, die unter dem Label Lebensmittel laufen. Bei den getesteten Produkten handelt es sich um folgende: Gojibeeren, chinesische Datteln, Lonicera (Pflanzenteil nicht genannt, vermutlich Blüten), Bulbus Lili und Chrysanthemum (Pflanzenteil nicht genannt, vermutlich Blüten). Diese Produkte können sowohl als Arzneimittel wie auch als Lebensmittel Verwendung finden. Falls sie mit der Zweckbestimmung zur Heilung oder Linderung von Krankheiten vertrieben werden, handelt es sich um Arzneimittel, die, wenn sie mit verkehrsüblichen deutschen Namen vertrieben werden, unter die Ausnahme­regelung von der Apothekenpflicht fallen könnten. Im Internet ist die Firma Three Coconut Tree derzeit aber nur mit reinen Lebensmitteln, wie Reis oder Zitronenblättern zu finden. Ob die potenziell auch als Arzneimittel Verwendung findenden Pflanzenprodukte nach Erscheinen der Greenpeace-Studie evt. gelöscht wurden, kann nicht mehr nachvollzogen werden. In jedem Fall kann man sagen:

Resümee

Die Produkte der Firma Three Coconut Tree haben mit der Praxis der Chinesischen Arzneitherapie in Deutschland so gut wie nichts gemeinsam. Kaum ein deutscher TCM-Therapeut dürfte diese Firma kennen, geschweige denn seinen Patienten empfehlen. Warum Greenpeace ausgerechnet und allein Produkte von dieser Firma für den Test auswählte, ist nicht nachvollziehbar.

Soweit Naturprodukte für Heilzwecke eingesetzt werden, sind sie nach der Gesetzeslage Arzneimittel, die ganz überwiegend unter die Apothekenpflicht fallen. Ein Vertreib von Arzneimitteln außerhalb von Apotheken ist in Deutschland (bis auf wenige Ausnahmen) illegal. Die Apotheken sind staatlich verpflichtet, für jede von ihnen vertriebene Charge, soweit es sich nicht um Fertigarzneimittel handelt, Zertifikate von anerkannten europäischen Laboren vorzuhalten, die die Unbedenklichkeit hinsichtlich Pestizidrückständen, Schwermetallgehalte und (für bestimmte Produkte) der Aflatoxinbelastung belegen. Zusätzlich muss die Identität geprüft werden. Das Einhalten dieser Verpflichtungen wird von den Behörden überprüft.

Seriöse Therapeuten und Gesellschaften für Chinesische Medizin empfehlen seit jeher den Bezug von Rohdrogen und Granulaten ausschließlich über spezialisierte Apotheken.

Die letzten veröffentlichten Überprüfungen von Pestizidrückständen in chinesischen Arzneidrogen für Deutschland, die uns bekannt sind, liegen schon länger zurück und stammen vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker in Eschborn [1,2]. Dabei fand sich eine einzige mäßige Überschreitung eines Pestizidgrenzwertes. Allerdings fielen in einigen Fällen überhöhte Schwermetallgehalte auf. Es ist davon auszugehen, dass sich die Qualität der Drogen inzwischen im Zuge wachsender Sensibilitäten von verschiedenen Seiten eher verbessert als verschlechtert hat. Nach unserer Einschätzung kann man sich in aller Regel auf die Qualität spezialisierter deutscher Apotheken verlassen. Da es aber auch schwarze Schafe geben kann, ist die Wahl der Apotheke Vertrauenssache. Im Zweifelsfall sollte man sich die Zertifikate bestellter Ware zeigen lassen. Bei auffallend niedrigen Preisen ist Skepsis angebracht. Wer chinesische Arzneidrogen oder Granulate außerhalb von deutschen Apotheken* bestellt, geht ein erhebliches Sicherheitsrisiko ein, von dessen Ausmaß die Greenpeacestudie einen Eindruck vermittelt.

Quellen:

[1] Ihrig M, Ali SL. Qualität von Drogen der Traditionellen Chinesischen Medizin (2001).

Pharm Ztg 146(43): 416-22

[2] Ihrig M et al.. Qualitätsmängel bei TCM-Drogen (2004). Pharm Ztg 149: 3776-84

*In der Schweiz gibt es auch staatlich lizenzierte Lieferanten, von denen auch aus Deutschland bestellt wird, die den gleichen Qualitätsnormen unterliegen wie deutsche Apotheken.

Gezeichnet:

Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA),

Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGfA),

Deutsche Wissenschaftliche Gesellschaft für TCM (DWGTCM),

Societas Medicinae Sinensis (SMS)

Link zum Greenpeace Artikel:

http://www.greenpeace.de/themen/chemie/nachrichten/artikel/chinesische_heilkraeuter_in_deutschland_mit_pestiziden_belastet/

 

Repliken zum Artikel der Süddeutschen Zeitung "Krebs durch Kräutermix "

veröffentlicht: Leserbriefe zu: „Krebs durch Kräutermix“, Süddeutsche Zeitung vom 22.12.2009

Der Brief von Axel Wiebrecht wurde in unvollständiger Form veröffentlicht-ohne Wissen des Autors!

 Der Brief von Erich Stoeger wurde überhaupt nicht veröffentlicht.

Meilenweit an der Realität vorbei

Der Autor erweckt den Eindruck, als würden in Deutschland nach dem „schlichten Glaubenssatz“ „Kräuter sind gesund“ munter Aristolochiasäure-haltige Pflanzen in der chinesischen Heilkunde eingesetzt. Diese Unterstellung -naiv oder wieder besseren Wissens- geht meilenweit an der Realität vorbei. Über die längst bekannte Aristolochiasäure-Problematik berichtete die SZ bereits am 28.03.2000, sehr viel sachlicher.

Leserbrief zum Artikel „Chinesische Medizin – Krebs durch Kräutermix“, Süddeutsche Zeitung vom 22.12.2009 von Axel Wiebrecht

 Der Autor erweckt den Eindruck, als würden in Deutschland nach dem „schlichten Glaubenssatz“ „Kräuter sind gesund“ munter Aristolochiasäure-haltige Pflanzen in der chinesischen Heilkunde eingesetzt. Doch diese naive Unterstellung geht meilenweit an der Realität vorbei. Dabei handelt es sich bei der Aristolochiasäure-Problematik um einen längst bekannten alten Hut, über den die SZ übrigens schon am 28.03.2000 sehr viel sachlicher berichtete.

In Deutschland sind Aristolochiasäure-haltige Arzneimittel seit 1981 generell verboten, außer in homöopathischen Mitteln in hoher Verdünnung. Bis dahin gab es in Deutschland 350 Arzneimittel, die Aristolochiasäure in Reinform oder als pflanzliche Zubereitung enthielten. Die tragischen Ereignisse in Belgien Anfang der 90’er Jahre, die auf eine Verwechslung zurückgingen, haben dann in allen anderen westlichen Ländern zu entsprechenden Verboten geführt. Auch in China wurden die betroffenen Aristolochia-Drogen in der 2005’er Auflage des amtlichen Arzneibuches gestrichen. Aristolochia-Drogen sind in Europa schon lange kein Thema mehr, und was mögliche Spuren-Verunreinigungen angeht, sind die Behörden mit ihren Kontrollen diesbezüglich sehr sensibilisiert.

Tatsächlich wurden in der Chinesischen Arzneitherapie - wie bei uns in Deutschland - Aristolochiasäure-haltige Pflanzendrogen verwendet. Seit den 50’er Jahren des letzen Jahrhunderts wurde für „Mutong“ zunehmend Aristolochiasäure-haltiges Guan Mutong eingesetzt. Die jahrhundertealten Erfahrungen, nach denen Aristolochiasäure-freies Mutong als unbedenklich galt, konnten so nicht mehr greifen. Die krebsauslösenden Eigenschaften von Aristolochiasäure-haltigen Pflanzendrogen sind inzwischen seit langem weltweit bekannt. Die Therapeuten haben selbst zur Aufklärung beigetragen (vgl. meinen Artikel „Über die Aristolochia-Nephropathie“ in der Deutschen Zeitschrift für Akupunktur im Jahr 2000). Das Centrum für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA) bemüht sich darum, durch Aufklärung und Einflussnahme auf die Ausbildung der Therapeuten, Neben­wirkungen der Chinesischen Arzneitherapie so gering wie möglich zu halten. Aus unserer Kenntnis der Situation in Deutschland können wir feststellen, dass ernste Neben­wirkungen unter Chinesischer Arzneitherapie sehr selten sind und in keinem Verhältnis zu entsprechenden Neben­wirkungen chemischer Mittel stehen.

Dr. med. Axel Wiebrecht

Vorsitzender des Centrums für Therapiesicherheit in der Chinesischen Arzneitherapie (CTCA)

Bundesallee 141

12161 Berlin

Leserbrief zum Artikel „Chinesische Medizin – Krebs durch Kräutermix“, Süddeutsche Zeitung vom 22.12.2009 von Erich Stoeger

Es ist verantwortungslos, dass sich Medien wie die Süddeutsche Zeitung als Plattform für schlecht recherchierte Artikel hergeben, die mit Berichten über Arzneimittelzwischenfälle aus den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts die für viele Krankheitsbilder sehr wertvolle Therapierichtung der Chinesischen Medizin schädigen wollen.

Dies wirft naturgemäß ein extrem schlechtes Licht auf die Fachkompetenz dieser Medien, der Autor des Artikels wiederum sieht sich nun mit dem Vorwurf konfrontiert, sich nicht in die Materie eingearbeitet oder gar eine Gefälligkeitsarbeit im Dienste eines rückschrittlichen schulmedizinischen Monopoldenkens abgeliefert zu haben.

Tatsache: Die in diesem Artikel angesprochenen Drogen mutong und fangji sind im vorgeschriebenen Dosierungsbereich angewendet, komplett ungefährlich. Bei ersterer Droge handelt es sich um Akebiae Caulis aus der Familie der Lardizabalaceae und bei letzterer um Stephaniae tetrandrae Radix aus der Familie der Menispermaceae. Beide Drogen enthalten keine Aristolochiasäuren, nicht einmal in Spuren. Die Drogen sind selbstverständlich korrekt identifiziert in der EU ohne Probleme im Handel und können bedenkenlos eingenommen werden. Ferner sind diese Drogen im Arbeitsprogramm der Arbeitsgruppe TCM des Europäischen Arzneibuches enthalten, sie werden zwecks eindeutiger Identifizierung und Abgrenzung von toxischen Verfälschungen bald auch ins Europäische Arzneibuch aufgenommen worden und damit europaweit problemlos erhältlich sein. 

Die Drogen, auf der sich dieser Artikel beziehen hätte sollen sind guan mutong (Aristolochiae mandshurensis Caulis) und guang fangji (Aristolochiae fangchi Radix). Doch auch diese Drogen stellen praktisch kein Risiko mehr für die Volksgesundheit dar: Sie sind seit Jahren selbst in China verboten und werden auch dort nicht mehr gehandelt. Bei legalem Bezug über heimische Apotheken dürfte das Risiko, diese Drogen zu bekommen praktisch gleich Null sein. Bei einem Minimum an Recherchequalität hätte der Autor diese Tatsachen erkennen und eine unnötige Verunsicherung der Patientenschaft vermeiden können.

Erich A. Stöger

Apotheker & Sinologe (Univ. Wien)

Herausgeber "Arzneibuch der Chinesischen Medizin"

Mitglied der Arbeitsgruppe Traditionelle Chinesische Medizin

der Europäischen Arzneibuchkommission (EDQM Strasbourg)

Attacke gegen Chinesische Arzneitherapie

Herr Pließ setzt seine unqualifizierten Angriffe auf die chinesische Medizin fort

veröffentlicht: Pressemitteilung des CTCA vom 07.04.2005

Im März 2005 schickte der Allgemeinarzt aus Oberfranken Rainer Pliess ein Schreiben mit scharfen Angriffen gegen die Qualität chinesischer Kräutertees an verschiedene Medien (u.a. Spiegel, Stern, Focus, Report, Monitor), aber auch an die Staatsanwaltschaft Berlin. Die von Herrn Pliess aufgestellten Behauptungen erweisen sich bei näherer Analyse als nicht haltbar. Die anzuwendenden Grenzwerte, die angeblich "unglaublich" überschritten werden, werden von ihm erst gar nicht benannt.

Im Unterschied zu damals macht er nun detaillierte Angaben zu seinen Messwerten. Er fährt schwere Geschütze auf und behauptet, dass die Schwermetallgrenzwerte, die für Lebensmittel gelten, "unglaublich" überschritten werden, dass ihm "schwerwiegende Zwischenfälle bekannt" seien, und tituliert die chinesischen Tees als "Sondermülltees". In einem Schreiben an die Apotheken, deren Tees er untersucht hatte, wird er noch massiver. Zitat: "Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass fast alle in Deutschland vertriebenen chinesischen Lebensmittel, Medizinaltees oder auch Produkte wie Moxastäbe zum großen Teil hochgradig mit Schwermetallen belastet, kontaminiert und verseucht sind, oder minderwertige Qualität haben." . "Derweil nehmen weitere z.T. schwerkranke Patienten chinesische Heilkräutertees mit hohem Cobalt-, Blei-, Cadmium-, Molybdän-, Thallium- usw. Werten, die bei vielen von ihnen schwere Nebenwirkungen auslösen oder manche sogar lebensgefährlich erkranken lassen (mir selber sind aus dem Bundesgebiet bisher drei Fälle bekannt). Dies ist ein absoluter Skandal und ein Verstoß gegen Grundrechte des Patienten." Er scheut auch nicht vor Ausdrücken wie "Betrug" oder "strafrechtliche Relevanz" zurück und droht den betreffenden Apothekern, wenn sie die Patienten nicht unverzüglich über seine Messwerte aufklären würden, mit einer Anzeige. Wie schon in der Analyse seiner ersten Veröffentlichung erweisen sich die Vorwürfe wiederum als haltlos.

Analyse der Messwerte

Vorauszuschicken ist, dass das CTCA nur zu Ergebnissen Stellung nehmen kann, die ihm von Pliess selbst mitgeteilt wurden. Danach handelt es sich um 14 verschiedene Teemischungen, die in Hinsicht auf diverse Pestizide und Metalle geprüft wurden. Die Zusammensetzung der Tees wurde nicht mitgeteilt. Sollte Pliess über weitere Messwerte verfügen, kann hier naturgemäß nichts darüber ausgesagt werden. Die Ergebnisse zu Insektiziden hatte Herr Pliess nicht zu beanstanden, was wir zur Kenntnis nehmen, wohl aber die Schwermetallgehalte.

Bei pflanzlichen Arzneimitteln existieren nur für wenige Schwermetalle Richtwerte, und zwar für Blei, Cadmium und Quecksilber (Einzelheiten s. unten: "Rattengift in chinesischen Heilmitteln?"). Die Höchstmengenempfehlung für Blei beträgt 5 mg/kg. Pliess täuscht hohe Werte vor, indem er die Angaben nicht wie üblich in Milligramm/kg (mg/kg), sondern in Mikrogramm/kg (µg/kg) vornimmt, danach beträgt der Richtwert 5000 µg/kg. Dieser Wert wird in keinem Fall der von ihm mitgeteilten Messungen erreicht! Der höchste von ihm mitgeteilte Wert liegt bei 4035 µg/kg. Indem er unzulässigerweise auf den für Spinat geltenden Grenzwert von 300 µg/kg Bezug nimmt, kommt er zu dem Ergebnis, alle untersuchten chinesischen Tees als "hochgradig belastet" einzustufen.

Für Quecksilber beträgt die Höchstmengen-empfehlung 100 µg/kg. Die Messwerte von Pliess liegen meist deutlich darunter. Der höchste Quecksilberwert liegt bei 35 µg/kg. Für Cadmium beträgt die Höchstmengenempfehlung 0,2 mg/kg (200 µg/kg). Dieser Wert wird von 5 der 14 mitgeteilten Messwerte numerisch überschritten. Der höchste Wert liegt bei 626 µg/kg. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die chinesischen Tees nicht wie Spinat verzehrt werden, sondern als Dekokt (wässrige Abkochung) zubereitet getrunken werden. Wie in unserer zitierten Veröffentlichung [1] nachgewiesen, gehen die schwer wasserlöslichen Schwermetalle nur zu geringen Anteilen in das Dekokt über, so dass sie dort zumeist nicht mehr nachweisbar sind. Die aus den Tees resultierende Belastung, die keineswegs heruntergespielt werden soll, liegt damit deutlich unter dem numerischen Wert. Sie muss auch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass chinesische Arzneien ein beträchtliches medizinisches Nutzenpotenzial haben, das für einige Krankheiten, wie Neurodermitis und Reizdarm, durch international anerkannte klinische Studien belegt ist.

Die übrigen Metalle

Pliess spricht davon, dass "hochkontaminierte Tees in Tonnen" ... "mit verbotenen Stoffen wie Thallium und Arsen" in der BRD im Umlauf seien. Die Richtwertproblematik zu Thallium wurde von uns bereits abgehandelt [1], danach ist der ZEBS-Richtwert für Obst und Gemüse von 100 µg/kg heranzuziehen. Der höchste Messwert von Pliess liegt mit 75,7 µg/kg eindeutig darunter. Zusätzlich ist beim Bezug auf diese Richtwerte ein Trocknungsfaktor von ca. 5 einzurechnen, da es sich bei Tees um getrocknete Pflanzenbestandteile handelt. Pliess vertritt die Meinung, dass Thallium in Arzneimitteln überhaupt nichts zu suchen habe. Doch lässt sich dieses angesichts einer allseits in Mitleidenschaft gezogenen Umwelt und ständig verfeinerter Messmethoden nicht einfach verbieten. Es kommt nicht selten sogar im Trink- und Mineralwasser vor und wird dort innerhalb bestimmter Grenzen auch toleriert [2]. Die Behauptung bzgl. Kontamination mit Arsen wird erst gar nicht durch Werte belegt. Die Beurteilung der übrigen Metalle ist schwierig, weil es hierbei selbst für Lebensmittel kaum verbindliche Angaben gibt. Diese spielen in der Risikobewertung offenbar eine untergeordnete Rolle. Bzgl. Gallium, Gold und Indium werden von Pliess durchgehend Nullwerte mitgeteilt. Kupfer wurde von ihm mit bis zu 14,8 mg/kg gemessen. Vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin wurde für das lebensnotwendige Spurenelement Kupfer ein täglicher Bedarf von 1,0 bis 1,5 mg angegeben (für Erwachsene und Kinder ab 7. Lebensjahr) und ein "Upper Intake Level" von 10 mg pro Tag [3], das Food and Nutrition Board (FNB) des Institute of Medicine gibt ein "No Observerd Adverse Effect Level"(NOAEL) von 10mg/Tag an [4], d.h. bei diesem Wert wurden unter langfristiger Einnahme keine schädlichen Wirkungen beobachtet. Wenn man davon ausgeht, dass von einem Tee 100 g Tagesdosis eingenommen werden, so würden in dem Tee mit der höchsten Kupferkonzentration 1,48 mg Kupfer enthalten sein. Doch wie oben geschildert, geht nur ein Anteil davon in das Dekokt über, so dass die Kupferbelastung weit unter kritischen Gröߟen zurückbleibt. Auch Zink ist ein lebensnotwendiges Spurenelement. Pliess findet Werte bis 38,5 mg pro kg Tee. Die empfohlene tägliche Zinkzufuhr beträgt für Erwachsene 7 bis 10 mg [4]. Das Scientific Committee on Food (SCF) der Europäischen Kommission nennt ein Tolerable Upper Intake Level von 25 mg pro Tag. Unter Annahme einer Tagesdosis von 100 g des Tees mit der höchsten Zinkkonzentration käme man auf eine Menge von 3,85 mg Zink im Tee, wovon wiederum nur ein Teil in das Dekokt übergeht. Auch hier ist man von gefährlichen Konzentrationen weit entfernt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung toleriert sogar einen bewussten Zusatz von Zink in Nahrungsergänzungsmitteln bis 2,25 mg [4].

Molybdän ist ein für den Menschen essentielles Metall und Bestandteil vieler Enzyme. Pliess findet Konzentrationen bis maximal 718 µg pro kg Tee, entsprechend 71,8 µg in 100 g Tee. Das Bundesinstitut für Risikobewertung gibt den Tagesbedarf eines Erwachsenen mit 50 bis 100 µg an, es schlägt eine Höchstmenge von 80 µg als Zusatz in Nahrungsergänzungsmitteln vor [4], also mehr als in einer der Tagesmengen enthalten. Hinzu kommt wiederum, dass de facto im Dekokt nur eine geringere Menge ankommt. Für Zinn gibt Herr Pliess Messwerte bis zu 155,1 µg/kg an. Die JECFA (Joint Expert Committee on Food Additives of the Food and Agriculture Organization of the United Nations and the World Health Organization) empfiehlt einen Provisional Tolerable Weekly Intake (PTWI)-Wert von 14 mg pro kg Körpergewicht, d.h. 2 mg/kg bzw. 2000 µg/kg pro Tag. Dieser Wert kann durch die von Pliess geprüften Tees bei weitem nicht erreicht werden. Bei Wismut beträgt die normale tägliche Aufnahme geschätzt 2 bis 30µg. Das Metall wird therapeutisch bei Magenerkrankungen in Mengen von 50 µg bis 525 mg angewandt. Das No Observed Adverse Effect Level (NOAEL) betrgt 100 mg pro kg Körpergewicht [6], also 6000 mg (oder 6.000.000 µg) für eine 60 kg schwere Person. Der maximale von Herrn Pliess mitgeteilte Messwert beträgt 174,8 µg/kg. Die in 100 g Tee enthaltene Menge würde mit 17,5µg um Dimensionen unterhalb möglicherweise schädlicher Bereiche liegen.

Zusammenfassende Wertung: Die von Herrn Pliess aufgestellten Behauptungen erweisen sich bei näherer Analyse als nicht haltbar. Die anzuwendenden Grenzwerte, die angeblich "unglaublich" überschritten werden, werden von ihm erst gar nicht benannt. Vielmehr versucht er, den Leser durch lange Zahlenketten (Angaben in Mikrogramm anstatt der üblichen Milligramm) zu beeindrucken. Lebenswichtige Mineral- und Spurenelemente werden einseitig als Gifte dargestellt. Lediglich für das Schwermetall Cadmium werden Grenzwerte, die für frisches Gemüse gelten, überschritten. Dabei gilt für praktisch alle Metalle, dass diese schwer wasserlöslich sind und nur geringe Mengen in ein daraus zubereitetes Dekokt übergehen. Die Messwerte für Cadmium sind sicher alles andere als erfreulich. Sie können jedoch bei Anwendung in Dekokten kein wirkliches Gesundheitsrisiko begründen. Die Werte der anderen Metalle liegen deutlich bis weit unterhalb kritischer Grenzwerte.

Herr Pliess geht von eigenen Theorien aus, wonach Umweltnoxen, deren Mengen weit unterhalb der offiziell genannten Bedenklichkeitsgrenzen liegen, schon schwere Gesundheitsschäden auslösen sollen. Das ist sein gutes Recht, doch muss er das auch klar benennen und vor allem auch belegen. Aus selbst fabrizierten und absonderlichen Vorstellungen über Grenzwerte lassen sich schwerlich skandalöse Verhältnisse bei chinesischen Arzneien ableiten.

Dem Centrum für Therapiesicherheit in der Traditionellen Chinesischen Arzneitherapie (CTCA) ist die Qualität chinesischer Arzneien ein besonderes Anliegen, diese wird im Dialog mit den Apotheken auch immer wieder eingefordert. Dem CTCAsind jedoch aus westlichen Ländern keine Gesundheitsschäden bekannt geworden, die durch Kontaminationen mit Schwermetallen eingetreten wären. Der Bezug von ungeprüften Mitteln, z.B. über das Internet, birgt jedoch Risiken. Erfahrene Therapeuten wissen, welche Bezugsquellen gute und zuverlässige Qualität anbieten. Dazu gehören in Deutschland insbesondere die Apotheken, die sich in der "Arbeitsgemeinschaft Deutscher TCM-Apotheken (TCM-Apo-AG)" zusammengeschlossen haben. Bestimmte Großhändler bzw. Importeure prüfen ihre Ware hinsichtlich aller relevanten Parameter, der Bezug über diese vermittelt Sicherheit. Es ist unklar, warum Herr Pliess derart schwere und unqualifizierte Geschütze gegen die chinesische Medizin auffährt. Insider können sich des Eindruckes nicht erwehren, dass er damit eine Privatfehde mit der TCM-"Klinik am Steigerwald" ausfechtet. Diese befindet sich in seiner Wohnumgebung und zeichnet sich dadurch aus, dass sie besonders niedrige Dosierungen von chinesischen Arzneien verwendet. Damit wird das Risiko, falls eine solches bestehen sollte, noch einmal abgesenkt. Ist die Klinik mit ihrem therapeutischen Erfolgen für den niedergelassenen Arzt eine unliebsame Konkurrenz, die er ausschalten will? Warum hängt er seine verleumderischen Angriffe gleich so hoch auf? Offenbar versucht er mit allen Mitteln, der chinesischen Medizin einen Imageschaden zuzufügen.

Dr. Axel Wiebrecht 1. Sekretär des CTCA

Quellen:

Wiebrecht A, Gasser U. Rattengift in chinesischen Heilmitteln? (2004) Dt. Zeitschr. f. Akupunktur 47(4): 49-51

  1. Bundesinstitut für Risikobewertung (2004). http://www.bgvv.de/cm/208/thallium_in_mineralwasser.pdf
  2. Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (2002), http://www.gruenwalder.de/DE/Produkte/Spurenelemente/Texte/mineralstoffe...
  3. Bundesinstitut für Risikobewertung (2004). http://www.bgvv.de/cm/238/verwendung_von_mineralstoffen_in_lebensmitteln...
  4. Food Standards Agency (1999). http://archive.food.gov.uk/maff/archive/food/infsheet/1999/no191/191tds.htm
  5. Sato H (Tohoku University, Japan), Okamato M (Hitachi PERL, Japan), Deubzer O (TUBerlin). http://www.efsot-europe.info/servlet/is/168/2003-12-Biological_Impact.pd...