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Daihuang ©Erich Stöger

Aconiti Radix cocta (praeparata) (zhi chuan wu), Aconiti lateralis Radix praeparata (fu zi) und Aconiti kusnezoffi Radix cocta (praeparata) (zhi cao wu) sind essentielle Drogen der Chinesischen Arzneitherapie (CA). Daneben spielt noch Aconiti coreani Radix praeparata (zhi guan bai fu) eine gewisse Rolle. Die botanischen Spezies aus welchen die Arzneien gewonnen werden, zählen zur hochtoxischen Gattung Aconitum. Durch Fehlanwendungen wie eine unzureichend vorbehandelte Droge oder Überdosierungen, oft unter volksmedizinischen Bedingungen sind viele Todesfälle in China und Hongkong – hier vor allem in der Zeit unter britischer Verwaltung, ohne Regulation der Chinesische Medizin  - zu beklagen[1].  Ein weiterer, wichtiger Grund für Aconitum-Vergiftungen sind die Verwendung der Arznei als Lebensmittel in "Kraftsuppen" [2].

Verschiedene Aconitum-Arten haben in vielen Ländern der Welt eine lange Geschichte, angefangen von Pfeilgift über Morde und Selbstmorde bis zu medizinischen Anwendungen, einschließlich darunter vorkommender Vergiftungsfälle. Extractum Aconiti, später die Reinsubstanz Aconitin waren bis 1948 Bestandteil des Deutschen Arzneibuchs. Im Unterschied zur europäischen Medizin haben es die Chinesen schon vor 1800 Jahren verstanden, die Drogen zu entgiften, ohne dass die therapeutische Wirkung verloren geht.

Die entscheidenden toxischen Alkaloide der Aconitum-Drogen sind Aconitin, Mesaconitin und Hypaconitin. Die ersten beiden davon sind in ihrer Toxizität vergleichbar, das letztgenannte ist etwa um den Faktor 5 geringer toxisch wirksam. Für den Menschen sind circa 1,5 bis 6 mg Aconitin tödlich [3]. Es handelt sich bei diesen Verbindungen um Diester-Diterpenoid-Alkaloide. Durch eine Hydrolyse wird Essigsäure abgespalten und es entstehen die Substanzen Benzoylaconin, Benzoylmesaconin bzw. Benzoylhypaconin, die ungefähr um den Faktor 200 weniger toxisch sind [4]. Durch einen weiteren Hydrolyseschritt entstehen die in ihrer Toxizität nochmals geminderten Substanzen Aconin, Mesaconin und Hypaconin. Die Hydrolyse wird überwiegend durch längeres Einlegen in Wasser oder Salzlösung und anschließendes Kochen darin und/oder Dämpfen vollzogen. Die präparierten Drogen sind im Tierversuch (LD50 bei der Maus) grob gerechnet um den Faktor 200 weniger toxisch als die Rohdrogen [5].

Vergiftungssymptome

Das erste Symptom einer Aconitum-Überdosierung sind Parästhesien der Zunge, meist als Zungenbrennen beschrieben. Diese sollten ein Warnsignal sein, die Drogenqualität und die Dosierung zu überprüfen bzw. abzusenken. Im weiteren Verlauf einer Vergiftung können sich die Parästhesien über den ganzen Körper ausbreiten, und es kommt zu Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, mitunter auch zu Bauchschmerzen und Diarrhö. Schwere Nebenwirkungen sind kardialer Art mit Palpitationen, Hypotension, Brustschmerz und Herzrhythmusstörungen (Blockbilder, ventrikuläre Tachykardie, Kammerflimmern), die meist Ursache für tödliche Folgen sind. Neurologische Auswirkungen sind Muskelschwäche, Lähmungen und Bewusstseinsstörungen. Wenn die Intoxikation überlebt wird, setzt nach ca. 30 Stunden die Erholung ein, ohne dass Schäden zurückbleiben. Eine definitiv wirksame medikamentöse Therapie der Herzrhythmusstörungen ist nicht bekannt.

Die Sensitivität für Vergiftungen ist generell intraindividuell sehr verschieden ausgeprägt, und das gilt auch für die Aconitum-Drogen. Laut Fallberichten verstarb eine 59jährige Frau nach Einnahme von 5 Tagesdosen von 10g Aconiti kusnezoffii Radix praeparata (cao wu) an Kammerflimmern [6], andererseits überlebte eine 59jährige Frau die Einnahme von unbehandelter Aconiti Radix plus Aconiti Kusnezoffii Radix, insgesamt 50g innerhalb von 2 bis 3 Tagen, wobei Symptome überhaupt erst nach der 3. Dosis auftraten [7]. Natürlich spielen dabei das Ausmass der Vorbehandlung und die Drogenqualität eine Rolle.

Bei ordnungsgemäß vorbehandelten Aconitum-Drogen, wie sie in Europa üblich sind, bei angemessener Dosierung und Beachtung von Kontraindikationen ist kein ernsthaftes Risiko zu befürchten. Übliche Messwerte für die Diester-Diterpenoid-Alkaloide in Europa liegen in der Regel in einem sehr niedrigen Bereich oder unterhalb der Nachweisgrenze. Die Vorgaben des Chinesischen Arzneibuchs lassen einen relativ hohen Wert von 0,020% (für fu zi, entsprechend 200µg/g) bzw. 0.040% (für chuan wu und cao wu, entsprechend 400µg/g) zu. Falls eine Arzneidroge diese Werte ausschöpft und im Rahmen der Feuerschule mit überhöhter Dosierung angewendet wird, sind ernsthafte Risiken möglich, auch wenn bislang in Europa keine derartigen Fälle bekannt geworden sind.

Aus Europa ist nur ein einziger Fall einer Aconitum-Vergiftung durch ein (wahrscheinlich) chinesisches Heilmittel publiziert, und zwar handelte es sich um die versehentliche perorale Einnahme eines Mittels zum Einreiben durch einen Chinesen in London. Die aufgenommene Aconitinmenge wurde auf 1 bis 5mg geschätzt, die Intoxikation mit nachfolgendem Kammerflimmern überlebt [8]. Die japanische Pharmakopöe gibt eine Maximalmenge von 450 µg Diesteralkaloide pro g Aconiti Radix vor (aufgeteilt auf die verschiedenen Alkaloide) [9], was als ein ausreichend sicherer Wert erscheint. Im Rahmen einer klinischen Studie in Japan wurde ein Aconitum-Extrakt mit einem Diester-Alkaloid-Gesamtgehalt von 86 µg/g in einer Dosis von bis zu 6g zusammen mit anderen Extrakten verabreicht. Unter 593 Patienten traten nur 5 Nebenwirkungen leichterer Art auf [10].

Schlussfolgerung

Aconitum Drogen sollten nur aus zuverlässigen Quellen bezogen und die Maximaldosierungen, Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen beachtet werden (s. u.). Bei Auftreten von Nebenwirkungen wie Zungenbrennen oder Übelkeit sind die Drogenqualität und die Dosierung zu überprüfen. Im Zweifelsfall sollten Messergebnisse für die Diterpenoid-Alkaloide beim Lieferanten erfragt werden. Eine Komedikation der Aconitum-Drogen mit Evodia Fructus (wu zhu yu)oder Digitalis ist zu vermeiden, da diese über einen ähnlichen pharmakologischen Mechanismus wirken (Na+/K+ Pumpe); auch bei Antiarrhythmika könnten ernsthafte Interaktionen auftreten. Bei Einhalten dieser Prämissen besteht für diese essentiellen Drogen der CA kein signifikantes Risiko.

Sicherheitsmaßnahmen für die Verwendung von Aconitum-Drogen

Maximaldosierungen

Aconiti lateralis Radix praeparata                    (fu zi)                    15g
Aconiti Radix cocta (praeparata)                     (zhi chuan wu)       3g
Aconiti kusnezoffi Radix cocta (praeparata)   (zhi cao wu)           3g

Kontraindikationen

Herzerkrankungen (Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit), Schwangerschaft, Stillzeit, Komedikation mit Evodia Fructus (wu zhu yu), Digitalis oder Antiarrhythmika.

Vorsicht bei

Kindern, alten Menschen, Yin-Mangel, Yang-Übermaß, Hitzezuständen, Komedikation mit Ephedrae Herba (ma huang), Periplocae Cortex (xiang jia pi) or Fossilia Ossis Mastodi (long gu).

Quellen

  1. Chan TY. Incidence and causes of Aconitum alkaloid poisoning in Hong Kong from 1989 to 2010. Phytother Res 2015;29:1107-11
  2. Chan TY. Aconitum alkaloid poisoning related to the culinary uses of aconite roots. Toxins 2014;6:2605-11
  3. Blaschek W, Ebel S, Hackenthal E, et al. Aconitum. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. 6. Aufl. Bd. 1. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, 2007:257-278
  4. Sato H, Yamada C, Konno C, et al. Pharmacological actions of aconitine alkaloids. Tohoku J Exp Med 1979;128:175-87
  5. Hikino H, Yamada C, Nakamura K, et al. [Change of alkaloid composition and acute toxicity of Aconitum roots during processing] (Japanese). Yakugaku Zasshi 1977;97:359-66
  6. But PP, Tai YT and Young K. Three fatal cases of herbal aconite poisoning. Vet Hum Toxicol 1994;36:212-5
  7. Lin CC, Chan TY and Deng JF. Clinical features and management of herb-induced aconitine poisoning. Ann Emerg Med 2004;43:574-9
  8. Kolev ST, Leman P, Kite GC, et al. Toxicity following accidental ingestion of Aconitum containing Chinese remedy. Hum Exp Toxicol 1996;15:839-42
  9. Ministry of Health Labour and Welfare. The Japanese Pharmacopoeia XVI. Edition, English Version. 2011
  10. Nagasaka K, Tatsumi T, Natori M and Hikiami H. Study of Shuchi-Bushi, a powder type of Aconiti Tuber after being autoclaved, especially concerning side effects. Usage and dosage of shuchi-bushi from this study. Kampo Med 2005;56:797-800

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